Beim Netzwerktreffen der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie kamen knapp 100 Experten aus Pflege, Erziehungsdienst und dem ärztlichen Dienst zum fachübergreifenden Austausch zusammen. Sie sprachen über die Herausforderungen bei der Versorgung der nach Paragraph 63 und 64 des Strafgesetzbuches untergebrachten Patientinnen und Patienten.
„Es ist sehr wichtig, dass wir uns über relevante Themen austauschen und von den Erfahrungen des anderen lernen“, betonte Martin Engelhardt, Geschäftsführer von Vitos Weil-Lahn und Vitos Herborn. Seit 1977 werden Forensik-Patienten in Hadamar behandelt, so Engelhardt. Obwohl der Standort ursprünglich gar nicht für den Maßregelvollzug vorgesehen gewesen sei, wären Anfang der 2000er-Jahre über 200 Patient/-innen in Hadamar gewesen. „Der Klinikneubau 2016 war ein Meilenstein für den Standort“, erinnerte sich der Geschäftsführer. „Wir haben damit ganz neue Sicherheitsstandards geschaffen und auch ganz andere Möglichkeiten, mit den Patientinnen und Patienten zu arbeiten. Die aktuell gute Personalsituation in der forensischen Pflege trägt dabei wesentlich zur erfolgreichen Behandlung bei.“
Seit Jahren gibt es eine große Nachfrage nach Therapieplätzen, auch für nach Paragraph 63 untergebrachte Patient/-innen. Deshalb wird in den kommenden zwei Jahren der bestehende Hadamarer Forensikkomplex um einen Anbau mit 60 Betten erweitert.100 weitere Arbeitsplätze entstehen so in der Fürstenstadt.
Frank Voss, Gastgeber und Pflegedirektor der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie, stellte mit einem Augenzwinkern dar, welche Anforderungen bereits 1896 an eine Pflegekraft in der Psychiatrie gestellt wurden. „Umsicht und Geistesgegenwart, Aufmerksamkeit, ein geduldiges und liebevolles Temperament, eine stille und geräuschlose Art, aber auch Fügsamkeit und eine nicht zu ausgeprägte Intellektualität werden empfohlen, damit ärztliche Anordnungen nicht in Frage gestellt werden“, zählte Frank Voss auf, was Bewerber um die Jahrhundertwende mitbringen sollten.
Wie moderne Pflege und Therapie im Maßregelvollzug heute aussehen, zeigten die anschließenden Vorträge, die sich mit Themen wie Sprachbarrieren, Gleitzeit und Palliativversorgung befassten. Stephanie Krämer-Ponto stellte die Ergebnisse ihrer im vergangenen Jahr ausgezeichneten Bachelor-Arbeit zum Thema Resilienzsteigerung bei suchtkranken Straftäterinnen vor. Mario Foitzik-Friedrich, der in Hadamar die forensisch- psychiatrische Ambulanz und die Außenwohngruppe leitet, sprach über Entlassperspektiven im Maßregelvollzug. Das in Hadamar seit Jahren etablierte und sehr erfolgreiche Modell mit Wohngruppe und Ambulanz wird inzwischen bundesweit umgesetzt.
In der abschließenden Podiumsdiskussion sprachen Jutta Heye, im Hessischen Sozialministerium zuständig für die psychiatrische Versorgung und den Maßregelvollzug, Dr. Alexander Gary, Vitos Konzerngeschäftsbereichsleiter für den Maßregelvollzug, Hadamars Ärztliche Direktorin Sandra Manegold und Pflegedirektor Frank Voss über die Zukunft der forensischen Psychiatrie. Da sind steigende Fallzahlen, Belegungsdruck, Fachkräftemangel und knappe Kassen auf der einen Seite sowie eine hohe Erfolgsquote in der Therapie, innovative Projekte und regionale Kooperationen auf der anderen Seite. „Nur gute Therapie führt dauerhaft zu guten Erfolgen. Wir haben in Vitos einen verlässlichen Partner und wir wissen, dass Qualität Geld kostet“, sicherte Jutta Heye den Anwesenden ihre Unterstützung zu.