Suche

Symposium: "Stress und psychische Störungen: Burn-out, somatoforme Störungen und Depression"

Datum:
Fachbereich:
Erwachsenenpsychiatrie
Gesellschaft:
Vitos Gießen-Marburg gGmbH

Marburg/Gießen, 22. November 2013: Rund 150 Fachleute – therapeutisch Tätige und andere interessierte Gäste aus unterschiedlichen Fachdisziplinen - nahmen am Freitag, den 08.11.2013 am Symposium der Vitos Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie Gießen und Marburg am Standort Marburg teil. Thema der Veranstaltung war „Stress und psychische Störungen: Burn-out, somatoforme Störungen und Depression“. Die wissenschaftliche Leitung und Moderation erfolgte durch den Ärztlichen Direktor des Vitos Klinikums, Professor Dr. med. Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Matthias J. Müller. Der Geschäftsführer der Vitos Gießen-Marburg gGmbH, Herr Marc Engelhard, und Herr Achim Pex, Krankenpflegedirektor des Vitos Klinikum Gießen-Marburg, eröffneten die Veranstaltung mit Grußworten.

Die Einführung in das Thema Stress und Depression erfolgte durch Herrn Dr. med. Siegfried Scharmann, Oberarzt für den Bereich der affektiven Störungen der  Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Marburg. In seinem Vortrag fokussierte Herr Dr. Scharmann den Zusammenhang zwischen Stress und Depressionsentwicklung, in dem er aufzeigte, wie u.a. langanhaltender Stress zu neuroendokrinologischen Veränderungen führen kann. Hierbei wurden aktuelle Forschungsergebnisse, u.a. epigenetische Veränderungen und Störungen der Neuroplastizität im Zusammenhang mit der Depressionsentstehung sowie Dysregulationen körpereigener Stressregulationssysteme dargestellt. Herr Dr. Scharmann erörterte anschließend vor dem Hintergrund der aktuellen S-3 Leitlinie pharmakologische und psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten der unipolaren Depression. Als u.a. wirksame Psychotherapien ging er auf die interpersonelle Therapie und das Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapie (CBASP) ein. Dabei betonte Herr Dr. Scharmann die Notwendigkeit einer individualisierten Psychotherapie bei der unipolaren Depression, gerade in Hinblick auf die Unterscheidung einer episodisch rezidivierenden gegenüber einer chronischen Verlaufsform.

Im Anschluss referierte Frau Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Gaby Michaela Bleichhardt, Klinische Psychologie und Psychotherapie, Philipps-Universität-Marburg, über das Störungsbild der somatoformen Störungen, deren Symptome und die Therapiemöglichkeiten. Patienten, die an einer Somatisierungsstörung leiden, klagen häufig über körperliche Beschwerden, für die sich keine körperlichen Erkrankungskorrelate finden lassen. Oft beginnt für die Patienten dann eine Odyssee von Arztbesuchen. Frau Dr. Bleichhardt erläuterte verschiedene Erklärungsmodelle für das Entstehen somatoformer Störungen sowie unterschiedliche Therapieformen. Häufige Ursachen sind lang andauernde Überlastungen, die zu körperlichen Beschwerden führen, die nicht einer medizinischen Erkrankung zugeordnet werden können. In der Behandlung von Patienten mit somatoformen Störungen wird im Rahmen einer Psychotherapie auf die aktive Mitarbeit des Patienten gesetzt. Frau Dr. Bleichhardt erörterte hierzu verschiedene Interventionsbausteine, wie beispielsweise Entspannungstraining, Biofeedback, Aufmerksamkeitsumlenkung, kognitive Umstrukturierung und Erlernen von Akzeptanz.

Herr Dr. med. Christof Best, Leiter des  Bereiches Schwindel und Okulomotorik an der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Gießen-Marburg, Standort Marburg, stellte in seinem Vortrag die somatischen und psychischen Faktoren bei der Entwicklung somatoformer Störungen nach vestibulären Schwindelerkrankungen dar. Dabei ging Herr Dr. Best auf die häufigste Form von Schwindel ein, der im Volksmund als phobischer Schwankschwindel bezeichnet wird. Diese Schwindelform beginne oftmals im Zusammenhang mit besonderen psychischen Belastungen, wie beispielsweise im Fall von partnerschaftlichen oder beruflichen Konflikten. Die Betroffenen leiden häufig komorbid unter Angststörungen oder Depressionen. Nach Erörterung von Grundlagen und Konzepten ging Herr Dr. Best auf die Diagnosekriterien ein und stellte eine Verlaufsstudie zu phobischem Schwankschwindel vor. Außerdem beleuchtete er in seinem Vortrag Therapiemöglichkeiten wie u.a. eine kognitive Verhaltenstherapie.

Anschließend berichtete Herr Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Jens Hartwich Tersek, Leitender Psychologe, Schön Klinik Bad Arolsen, über stressassoziierte psychische Störungen wie die Burnout-Symptomatik. Der Begriff Burnout wurde erstmals in den 70er Jahren verwendet. Damit wurde ein Zustand von Beschäftigen in sozialen Berufen beschrieben, die sich in ihrer Arbeit überengagiert hatten und sich in einem Zustand psychologischer und physiologischer Erschöpfung befanden. Herr Dr. Tersek erklärte, dass gemäß aktuellem Forschungsstand Burnout stets arbeitsbezogen sei und im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnissen stehe. Außerdem erörterte er das Beschwerdebild von Burnout sowie die emotionalen und körperlichen Symptome. Die Betroffenen leiden an Konzentrationsstörungen, haben eine verringerte Merkfähigkeit, Entscheidungsschwierigkeiten, eine negative Einstellung zur Arbeit, neigen zu Tagträumen und haben Fluchtfantasien. Neben erhöhter Reizbarkeit und Unzufriedenheit sind bei den Betroffenen auch körperliche Symptome wie beispielsweise Kopfschmerzen, eine erhöhte Infektionsanfälligkeit sowie Bauch- und Rückenschmerzen  zu beobachten. Eine Möglichkeit zur Prävention von Burnout-Beschwerden bestehe für den Einzelnen in der Selbstbeobachtung und der Wahrnehmung von ersten Warnsignalen. Die Verhinderung von psychosozialen Risiken am Arbeitsplatz liege aber auch in der Verantwortung der Unternehmen.

Insgesamt handelt es sich beim  Burnout-Syndrom um einen zunehmend häufiger verwendeten Begriff, zu dem es derzeit keine international konsertierte Definition gibt. Die ICD-10 bietet die Möglichkeit einer Kodierung unter der Restkategorie Z 73.0 Erschöpfungssyndrom (Burnout-Syndrom). Von Betroffenen kann dieser Begriff oft besser angenommen werden, als die Diagnose einer Depression, da in ihrer Ätiologie eine hohe Leistungsbereitschaft, die letztlich zu einer Überforderung geführt hat, impliziert ist. Problematisch ist bei diesem Labeling möglicherweise eine Stigmatisierung des Depressionsbegriffs zugunsten des positiver besetzten Begriffs „Burnout-Syndrom“. Ätiopathologisch ist am ehesten von neurobiologischen Veränderungen ähnlich der Depressionsentwicklung auszugehen.

Bei dem anschließenden fachlichen Austausch wurden zahlreiche Fragen gestellt und mit den Vortragenden diskutiert. Dabei wurde deutlich, dass Stress und die damit verbundenen psychischen Störungen zentrale Themen im Rahmen der psychiatrischen Behandlung von Patienten darstellen und für alle therapeutisch Tätigen von großer Bedeutung sind.

Einrichtungssuche

Auswahl filtern:
Angebotsart:

Es gibt insgesamt 276 Einrichtungen