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Gedenken

Schwere Schatten der Vergangenheit

Die Mahn- und Gedenkstätte auf dem Hainaer Friedhof. Sie besteht aus einem gespaltenen, dunklen Diabas-Stein. An den Rändern der beiden Hälften verläuft eine Inschrift mit dem Wortlaut: Zur Erinnerung an die hilflosen Kranken, die in der Zeit des Nationalsozialismus 1933-1945 hier starben. Ihr Tod ist uns Mahnung und Verpflichtung.
Die Mahn- und Gedenkstätte auf dem Hainaer Friedhof. Sie besteht aus einem gespaltenen, dunklen Diabas-Stein. An den Rändern der beiden Hälften verläuft eine Inschrift mit dem Wortlaut: Zur Erinnerung an die hilflosen Kranken, die in der Zeit des Nationalsozialismus 1933-1945 hier starben. Ihr Tod ist uns Mahnung und Verpflichtung.

Die dauerhafte Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen ist Vitos Haina und dem Landeswohlfahrtsverband Hessen Auftrag und Anliegen zugleich. Das 1986 gegründete Archiv war ein wichtiger Schritt zur Aufarbeitung der NS-Euthanasie. Das 1992 eingerichtete Psychiatriemuseum Haina geht auf die Opfer des Nationalsozialismus ein.

Die systematische Tötung von Behinderten und Geisteskranken im Nationalsozialismus gilt als eines der größten medizinischen Verbrechen bislang. Es ist schwer zu verstehen, dass die Aufarbeitung dieser Verbrechen, denen etwa 200.000 Menschen zum Opfer fielen, erst sehr spät begann. In der deutschen Nachkriegsgesellschaft bestand zunächst wenig Interesse, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Die Täter hatten den Krieg zum größten Teil überlebt und konnten ihre Karrieren anschließend oft unbehelligt fortsetzen. Nur wenige Mitwirkende wurden vor Gericht gestellt, und diejenigen, die verurteilt wurden, kamen meist vorzeitig aus der Haft frei. Gedenkorte und Gedenkausstellungen entstanden oft erst seit den 1980er Jahren durch Einzelinitiativen und lebten in hohem Maße vom persönlichen Engagement vor Ort.

Auch in Haina tat man sich mit dem Gedenken an die Opfer der NS-Zeit lange Zeit sehr schwer. Die Beschäftigung mit der eigenen dunklen Vergangenheit begann erst in den 1980er Jahren. Dazu bedurfte es allerdings des Anstoßes von außen. 1984 beschäftigte sich eine Examensarbeit der damaligen Gesamthochschule Kassel mit der „Euthanasie und Lebensvernichtung am Beispiel der Landesheilanstalten Haina und Merxhausen“ – so der Titel. Der Autor zeichnete die Ereignisse zwischen 1933 und 1945 in Haina und Merxhausen anhand der damals zur Verfügung stehenden Quellen akribisch nach.

Wie schwer die Schatten der Vergangenheit damals auf Haina lasteten, zeigten im Sommer 1987 die heftigen Auseinandersetzungen um die Entfernung von Grabplatten vom Patientenfriedhof, auf dem Opfer aus der Zeit des Nationalsozialismus ihre letzte Ruhe gefunden hatten. Die mit Zustimmung der Klinikverwaltung durch die Gemeinde Haina abgeräumten Platten wurden als Wegbegrenzungen genutzt, teils pietätlos im Freien gestapelt. Das rief bei vielen große Empörung hervor und sorgte auch überregional für Schlagzeilen. Als die Hessische Gesellschaft für soziale Psychiatrie bei der Gemeinde Haina den Antrag stellte, die Gräber der getöteten Patienten gemäß des 1965 erlassenen Gräbergesetzes für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft zu behandeln und den Toten dementsprechend ein dauerndes Ruherecht zu gewähren, wehrte sich die Gemeinde heftig dagegen.

Der Bürgermeister argumentierte, es gebe keinen Nachweis für wilde Euthanasie in Haina während der NS-Zeit. Dass in der Landesheilanstalt Haina absichtlich getötet wurde, bestritt er energisch. Zwar seien die damaligen Lebensverhältnisse „nicht üppig“ gewesen, aber Hunger habe niemand leiden müssen. Den Patienten wie den Einwohnern Hainas sei es gleich schlecht gegangen, argumentierte der Bürgermeister.

Mahnmale und Psychiatriemuseum

Ebenfalls zu heftigen Auseinandersetzungen – diesmal zwischen der Gemeinde und dem Landeswohlfahrtsverband – führten die Gedenktafel zur Erinnerung an die „Euthanasie“-Verbrechen im Verwaltungsbereich des damaligen Psychiatrischen Krankenhauses Haina und das Mahnmal auf dem örtlichen Friedhof 1989/90. Der Streit entflammte, weil die Gemeinde nur einem Mahnmal zustimmen wollte, das pauschal aller Opfer der NS-Zeit gedachte – also auch der zivilen Bombenopfer und der gefallenen Soldaten. Wer die seinerzeit gestorbenen Patienten zu Opfern mache, lautete die Begründung, stemple das damalige Anstaltspersonal zu Tätern und Mördern. Dem hingegen belegten nach Ansicht des LWV viele Fälle von Tuberkulose und Auszehrung, von Altersschwäche und körperlichem Verfall, dass auch in der Landesheilanstalt Haina Menschen vorsätzlich und systematisch vernachlässigt wurden – bis zum Tod. Gegen den Willen der Gemeinde wurde im Oktober 1990 schließlich die Mahn- und Gedenkstätte auf dem Friedhof errichtet. Sie besteht aus einem gespaltenen, dunklen Diabas-Stein: eine Hälfte liegt auf dem Boden, die andere ragt drei Meter steil empor.

Der zerborstene Stein soll den Bruch symbolisieren, der zur NS-Zeit durch Medizin und Psychiatrie ging. An den Rändern der beiden Hälften verläuft eine Inschrift mit dem Wortlaut:

Zur Erinnerung an die hilflosen Kranken,

die in der Zeit des Nationalsozialismus

1933-1945 hier starben.

Ihr Tod ist uns Mahnung und Verpflichtung.

Über die beiden Gedenkstätten hinaus erinnert heute in Haina auch das 1992 gegründete Psychiatriemuseum an das Schicksal der Patienten der Landesheil- und Pflegeanstalt im Dritten Reich. In der Ausstellung zur Hospital- und Krankenhausgeschichte wird auch das dunkle Kapitel der NS-Zeit dokumentiert. Derzeit befindet sich das Museum im Umbau; 2022 ist die Neueröffnung geplant. 

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Rouven Raatz

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