Von Gefühlsprotokollen und Chili-Bonbons: Die Behandlung der Borderline-Störung

Als einzige Station in Nordhessen hat die Station 2.2 der Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Kassel jetzt das sogenannte DBT-Zertifikat zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit einer emotional instabilen Störung vom Borderline-Typus bekommen.
Im Fokus der auf drei Monate ausgelegten stationären Behandlung steht eine intensive Therapie, in die die unterschiedlichsten Professionen eingebunden sind: Psychotherapie und Medizin, Pflege, Ergo- und Physiotherapie.
Ein Kernelement der Behandlung ist die Psychotherapie. „Dabei geht es einerseits darum, den Schmerz zu akzeptieren – teilweise haben die Patientinnen sehr schwere, traumatisierende Erfahrungen gemacht – und ebenso zu akzeptieren, dass sie diese Erkrankung haben. Andererseits ist das Ziel, sich zu verändern, damit sich die Patientinnen keine Selbstverletzungen mehr zufügen, keine Drogen mehr nehmen“, erklärt Dr. Daniela Jung, selbst DBT-zertifiziert und Oberärztin der Station.
Intensive Reize in Momenten hoher Anspannung
Wie die Patientinnen und Patienten mit der Flut an Gefühlen umgehen können, lernen sie während der Behandlung, unter anderem durch sogenannte Skills. Bei hoher Anspannung, Stress, Wut greifen sie, zunächst begleitet von Pflegefachkräften, in den Skills-Wagen. Darin befinden sich Utensilien wie Chili-Bonbons, Stachelbälle, Kühlpacks, japanisches Heilöl. Sie alle haben eins gemeinsam: Sie lösen einen intensiven Reiz aus. Ob durch riechen, schmecken oder fühlen.
Durch die Nutzung der Skills können die Patientinnen und Patienten ihre Anspannung besser aushalten und regulieren – als Alternative zu selbstverletzendem Verhalten.
Auch im Rahmen der Gruppentherapie ist die Gefühlsregulation ein großes Thema. Alltagssituationen werden dort gemeinsam besprochen und zu den „Hausaufgaben“ gehört unter anderem das Führen eines Gefühlsprotokolls. Was war in einer bestimmten Situation mein Handlungsimpuls? Waren meine Gefühle angemessen? Wie kann ich meinen Ärger regulieren?
„Allein vier Mal pro Woche gibt es Gruppentherapien mit unterschiedlichen Schwerpunkten“, sagt Dr. Daniela Jung. Hinzu kommen Einzeltherapien. „Die Therapie ist für die Betroffenen harte Arbeit. Die Bereitschaft dazu und die intensive Mitarbeit dabei sind wichtig“, sagt Klinikdirektor Dr. Matthias Bender.