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Zusammenarbeit mit Betroffenen als Chance verstehen

Datum:
Fachbereich:
Erwachsenenpsychiatrie
Gesellschaft:
Vitos Kurhessen gGmbH

Patienten und deren Angehörige systematisch über psychische Erkrankungen und Therapiemöglichkeiten aufzuklären ist ein wesentliches Ziel der Deutschen Gesellschaft für Psychoedukation (DGPE). Auf ihrer Jahreshauptversammlung in Kassel haben die Mitglieder jetzt Dr. Matthias Bender, Ärztlicher Direktor des Vitos Klinikum Kurhessen, zum neuen Vorsitzenden gewählt. Sein Vorgänger, Prof. Dr. Josef Bäuml (Technische Universität München), wurde zum Ehrenpräsidenten der Gesellschaft ernannt.

Dr. Matthias Bender gehört zu einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe, die bereits seit 1996 psychisch Erkrankte und deren Angehörige systematisch in den Behandlungsverlauf einbezogen hat. Zunächst für Menschen mit Psychosen aus der Gruppe der Schizophrenien wurden Gruppentherapiekonzepte und Informationsschriften entwickelt und die Auswirkung auf den Behandlungsverlauf beforscht. Aus dieser Zeit stammt der Begriff Psychoedukation. „Wir erarbeiten in den psychoedukativen Gruppen die Basis für eine Behandlungspartnerschaft. Darin sehen wir die Chance, voneinander zu lernen,“ sagt Dr. Matthias Bender. Ärztlich-klinische Erfahrung und medizinisches Fachwissen würden mit dem individuellen Krankheitserleben des Patienten und der Angehörigen sowie dem Behandlungskonzept in Verbindung gebracht. Der Ansatz sei anfangs in Fachkreisen umstritten gewesen, wohl auch aus Furcht um die Aufweichung von Wissenshierarchien, sagt der Facharzt. Mittlerweile gehören psychoedukative Gruppen mit Patienten und Angehörigen, die sich unter therapeutischer Leitung treffen, zu einem guten Standard in der psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung, sagt Bender.

Aus der Arbeitsgruppe entstand 2003 die Deutsche Gesellschaft für Psychoedukation (DGPE). Heute sind darin Ärztinnen und Psychologen, Sozialpädagoginnen, Pflegekräfte, Ergotherapeuten sowie Angehörige und Patienten organisiert. Neben der systematischen Aufklärung der Betroffenen sind deren Unterstützung bei der emotionalen Verarbeitung der Krankheit und die gemeinsame Entwicklung von Bewältigungsstrategien wichtige Inhalte.

Psychoedukation der Angehörigen senkt das Risiko der Wiedererkrankung bei Patienten mit einer schizophrenen Erkrankung um rund ein Viertel. Für weitere psychische Erkrankungen ist ihre positive Wirkung ebenfalls gut erforscht. Psychoedukationsgruppen gibt es beispielsweise für Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen, ADHS, Angst-, Ess-, Borderline- oder depressiven Störungen. Besondere Angebote richten sich unter anderem an Kinder psychisch kranker Eltern oder Patienten und Angehörige mit Migrationshintergrund sowie an Menschen mit einer arbeitsplatzbezogenen Stressfolgeerkrankung.

Die DGPE organisiert Fachtagungen, begleitet Kongresse, Vorträge und Workshops. Auf der Todo-Liste von Dr. Matthias Bender als neuem Vorsitzenden steht unter anderem die weitere Verankerung der Psychoedukation in der psychiatrischen Behandlung. Außerdem Qualitätskriterien festzulegen und eine Systematik für die Dokumentation von Leistungen zu entwickeln. In der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) ist die DGPE als eigenständiges Referat vertreten.

Zur Person
Dr. Matthias Bender ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Seit 2018 ist er Ärztlicher Direktor des Vitos Klinikum Kurhessen. Dazu gehören die Kliniken, Tageskliniken und Ambulanzen der Erwachsenenpsychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie und die Vitos Klinik für Psychosomatik Kassel. Er ist Lehrbeauftragter an der medizinischen Fakultät der Philipps-Universität Marburg und Dozent an der Psychoakademie Hessen, außerdem in verschiedenen Fachgremien aktiv. Der Facharzt ist Autor zahlreicher Publikationen, unter anderem in mehreren Fachwerken zur Psychoedukation.

Literatur: Bäuml/Pitschel-Walz u.a., Psychoedukation bei schizophrenen Erkrankungen, Schattauer Verlag Stuttgart 2003

Bäuml/Behrendt/Henningsen/Pitschel-Walz: Handbuch der Psychoedukation für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin, Schattauer Verlag Stuttgart, 2016

Hintergrund
Vitos Kurhessen bietet Hilfen für psychisch kranke Erwachsene, Kinder und Jugendliche. Mit rund 1.100 Mitarbeitern, über 820 Betten und Plätzen ist Vitos Kurhessen in der Region an neun Standorten präsent.
Neben der wohnortnahen Versorgung der Patienten ist es Vitos Kurhessen  besonders wichtig, mit ihren Ambulanzen, Tageskliniken und stationären Einrichtungen möglichst frühzeitig Hilfen anzubieten, um einen positiven Heilungsprozess zu begünstigen. Vitos erfüllt somit einen wichtigen gesellschaftlichen Auftrag.

Fotonachweis:
Vitos Kurhessen/nh
BU: Neu gewählter Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Psychoedukation: Vorsitzender Dr. Matthias Bender (von links, Ärztlicher Direktor Vitos Klinikum Kurhessen), stellvertretende Vorsitzende PD Dr. Gabriele Pitschel-Walz (TU München), Schatzmeister Dr. Michael Rentrop (Chefarzt Inn-Salzach-Klinikum). Neu im Vorstand sind Ursula Berninger (Universitätsklinikum Würzburg) und Dr. Daniela Jung (Vitos Kurhessen). Prof. Dr. Michael Stark bleibt Vorstandsmitglied.

 

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