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Die Psyche leidet zunehmend unter der Corona-Pandemie

Datum:
Fachbereich:
Fachbereichsübergreifend
Gesellschaft:
Vitos Südhessen gGmbH

Je länger die Corona-Pandemie andauert, desto deutlicher wird die psychische und emotionale Belastung. Dies betrifft Kinder und Jugendliche genauso wie Erwachsene.

Die Corona-Pandemie bestimmt seit ziemlich genau zwei Jahren unseren Alltag. Für jeden Einzelnen bedeutet dies teils gravierende Veränderungen der gewohnten Abläufe: Freizeitaktivitäten sind nur noch eingeschränkt möglich, Kontakte zu Freunden oder der Familie werden teilweise sogar ganz eingestellt, Schule oder Arbeit findet zu Hause statt. Personen, die eine gute psychische Widerstandskraft haben, fällt es meist leicht, sich an die jeweils neuen Situationen anzupassen. Bereits in dieser Hinsicht vorerkrankte Menschen oder Menschen, die schon zuvor an der Schwelle zu einer psychischen Erkrankung waren, sie bisher aber erfolgreich hinausschieben konnten, sind in diesen Zeiten jedoch besonders belastet. Je länger die Corona-Pandemie andauert, desto deutlicher wird die psychische und emotionale Belastung. Dies betrifft Kinder und Jugendliche genauso wie Erwachsene.

„Die vielfältigen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Psyche der Menschen merken wir in unseren Kliniken eindeutig.“, sagt Ralf Schulz, Geschäftsführer von Vitos Südhessen. Und ergänzt: „Ich bin froh, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut ausgebildet sind, auch mit herausfordernden Situationen umzugehen und sie entsprechend professionell angehen. Hierfür gilt jedem Einzelnen mein großer Respekt und ausdrücklicher Dank!“

 

Erwachsene schieben stationäre Behandlung hinaus

Je früher sich ein psychisch Erkrankter in Behandlung begibt, desto besser sind seine Aussichten auf einen Behandlungserfolg. PD Dr. Harald Scherk, Klinikdirektor des Vitos Philippshospitals Riedstadt, stellt jedoch fest: „Psychisch erkrankte Patientinnen und Patienten sind derzeit sehr zurückhaltend, sich in eine stationäre Behandlung zu begeben.“ Dies hat zur Folge, dass in der Erwachsenenpsychiatrie nicht unbedingt die Anzahl der erkrankten Patienten zunimmt, dafür aber die Schwere der Erkrankungen. Bis die Patientinnen und Patienten letztendlich den Weg in die Klinik finden, ist die psychische Erkrankung meist schon weit fortgeschritten. Dementsprechend herausfordernd und teils auch langwierig ist die Behandlung.

Hinzu kommt, dass Vitos Südhessen gemäß der umfangreichen gesetzlichen Hygieneauflagen Organisationsabläufe und Behandlungsprogramme umstrukturieren musste. So konnten zum Teil elementare Bestandteile der Behandlung wie Gruppentherapien zeitweise nicht oder nur eingeschränkt durchgeführt werden. Auch sind zum Schutze der Patientinnen und Patienten sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Besuche nach wie vor nur sehr eingeschränkt möglich. All diese Maßnahmen haben wiederum Auswirkungen auf den Erkrankungs- bzw. Genesungsverlauf der Patienten.

 

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deeskalieren Krisensituationen frühzeitig

Auf der anderen Seite sind dadurch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besonderen Belastungen ausgesetzt. Im Stationsalltag einer psychiatrischen Klinik – besonders im Umgang mit Akutpatienten – kann es zu Krisensituationen kommen. „In solchen Krisensituationen kann es leider im schlimmsten Fall vorkommen, dass eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter von einem Patienten bzw. einer Patientin verbal oder körperlich angegangen wird.“, bedauert Dr. Scherk. Ein solcher Patientenübergriff geht nicht nur mit zusätzlichen Belastungen und Stress für das gesamte Behandlungsteam einher, sondern kann zu einem krankheitsbedingten Ausfall der Mitarbeiter/-innen führen. Insbesondere in den Zeiten, in denen die Krankheitsrate aufgrund der Omikron-Variante bereits hoch ist, ist dies eine zusätzliche Erschwernis für das Stationsteam. Dr. Scherk betont aber: „Selbstverständlich analysieren wir jeden Vorfall immer umgehend und leiten entsprechende Maßnahmen zur Vermeidung einer solchen Situation ab.“

Vitos Südhessen hat in den letzten Jahren viel in die Gewaltprävention investiert: Trotz der Einschränkungen während der Corona-Pandemie schulen ausgebildete Deeskalationstrainer die Behandlungsteams regelmäßig in professionellen Deeskalationstrainings wie PART, Prodema oder Safewards und spezielle Deeskalationsprogramme wie „Safewards“ wurden auf den Stationen eingeführt. Bei dieser Methode sind die Mitarbeiter/-innen insbesondere in der richtigen Gesprächsführung und Reaktion in Krisen geschult, um Situationen frühzeitig deeskalieren zu können. Ziel ist es, für mehr Sicherheit auf der Station zu sorgen. „Unsere Kolleginnen und Kollegen leisten gerade in dieser für uns Alle so herausfordernden und kräftezehrenden Zeit eine hervorragende Arbeit.“, betont Michael Todisco, Vorsitzender des Betriebsrats am Standort Riedstadt.

 

Kinder und Jugendliche reagieren besonders sensibel

Homeschooling, die Anpassung an die jeweils geltenden Abstands- und Hygieneregeln sowie Kontaktbeschränkungen erfordern flexible und mitunter kreativen Strategien von den Kindern und Jugendlichen. Manchen Kindern fällt es schwer, unter der aktuellen Belastung oder nach der Lockdown-Phase wieder in einen Rhythmus zu kommen. Andere leiden unter einem Leistungsdruck. Sie sehen einen großen Berg von Schulstoff vor sich, der nachgeholt oder bewältigt werden muss und ihnen fehlen Strategien, damit umzugehen. Bei einigen führen Ängste dazu, dass sie gar nicht mehr zur Schule gehen können.

Studien zeigen in etwa eine Verdopplung der Häufigkeit von Depression und Ängsten bei Kindern und Jugendlichen. „Wir sehen vor allem eine deutliche Zunahme von ‚Verzweiflungssuizidalität‘, also sehr belastete junge Menschen, die keinen Ausweg sehen.“, erläutert Dr. Annette Duve, Klinikdirektorin der Vitos Kinder- und Jugendklinik für psychische Gesundheit Riedstadt. Dies lässt sich seit dem ersten Lockdown in 2020 feststellen. Auch die Vitos Kinder- und Jugendklinik für psychische Gesundheit Riedstadt verzeichnet seit Beginn der Corona-Pandemie eine deutliche Zunahme an Patient/-innen mit schweren psychischen Erkrankungen. Dr. Duve ergänzt: „Wir erfüllen einen Versorgungsauftrag, daher werden Notfälle in unserer Klinik immer unmittelbar behandelt.“

 

Vitos Südhessen erfüllt einen wichtigen gesellschaftlichen Auftrag

Sowohl die Erwachsenenpsychiatrie als auch die Kinder- und Jugendpsychiatrie erfüllen einen so genannten Versorgungsauftrag. Das heißt, die beiden Kliniken sind für bestimmte Gebiete verpflichtet, insbesondere schwer psychisch erkrankte Menschen zu behandeln. Gerade in einer solch andauernden außergewöhnlichen Situation ist es Vitos Südhessen ein Anliegen, mit den notwendigen Einschränkungen weiterhin für seine Patientinnen und Patienten da zu sein. Denn Vitos Südhessen erfüllt einen wichtigen gesellschaftlichen Auftrag, den die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihrer Erfahrung und ihrem fachlichen Können wahrnehmen.

 

Hintergrundinformationen

Lesen Sie im Vitos Blog Artikel zu Deeskalationsprogrammen bei Vitos:

Konflikte auf Station vermeiden: Implementierung des Safewards-Konzepts bei Vitos Herborn

Im Zentrum steht immer die Prävention: Deeskalationsprogramm PART schult Mitarbeiter im Umgang mit Gewalt

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