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Körper. Seele. Einklang. Wenn nach einem Burnout plötzlich gar nichts mehr geht

Den Teufelskreis durchbrechen

„Ich hatte immer das Gefühl, ich muss weiter funktionieren. Ich muss mich nur dadurch beißen und dann wird das wieder“, doch als Petra M., 45 Jahre (Name und Alter geändert) eines Morgens im Bad steht merkt sie, dass sie aus dem Teufelskreis alleine nicht mehr herauskommt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die studierte Getränketechnologin bereits in ambulanter Behandlung bei einem Psychiater.

Im Laufe der Jahre wurde dann das Arbeiten für Petra M. immer anstrengender: „Ich war beruflich stark eingespannt und pendelte zwischen Stuttgart und Wiesbaden.“ 

Frau mit Burn out und Depressionen nach psychosomatischer Behandlung (Schmuckbild)© Vitos / Foto: Dennis Möbus

Sie entscheidet sich für einen Jobwechsel zurück nach Wiesbaden. Doch durch die Rückkehr in die Heimat wurde es nicht wie erhofft besser, sondern noch schlimmer: „Durch das Unbekannte im neuen Job traten die Versagensängste mit geballter Kraft auf. Da hatte ich dann die nächste Krise. Ich lag morgens wie ein nasser Sack im Bett und hatte totale Versagensängste“, berichtet Petra M..

Petra M. kündigt darauf hin ins Blaue hinein. Zu groß sind der Druck und die Angst darüber, was andere über sie denken könnten. Dass sie eigentlich krank ist und Hilfe benötigt, ist ihr nicht bewusst. Im Gegenteil, sie empfand ihren Zustand als Schwäche.  Im Nachhinein weiß Petra M. „Ich hätte damals schon zum Arzt gehen müssen“, doch sie beißt sich weiter durch, denn es gab auch gute Phasen. So lernte sie ihren Mann kennen und ging in die Selbstständigkeit. Ihr Gedanke „Wenn ich die Energie, die ich in ein Angestelltenverhältnis in meine Selbstständigkeit stecke, dann wird das gut funktionieren. Was ich nicht merkte, ich war damals schon ausgepowert und habe versucht immer weiter zu funktionieren.“ Und die Ängste nehmen tageweise zu. Petra M. liegt schon morgens, im Bett mit Angstgefühlen in der Brust. Sie kann sich nicht mehr konzentrieren und scheut jeden kleineren Konflikt.

Im September 2018 geht Petra M. das erste Mal zu einem Psychiater. Dieser stellt eine mittelfristige rezidivierende Depression fest. Die Diagnose war ein Schock.

„Das war damals so für mich als hätte mir jemand gesagt, Sie haben Krebs. Man hört das von anderen aber man selbst hat das nicht. Aber es war auch gut, diese Diagnose zu erhalten und das Kind beim Namen zu nennen.“

Doch selbst mit der gestellten Diagnose hat Petra M. das Gefühl weiter funktionieren zu müssen. „Ich fühlte mich wie in einem Teufelskreis aus dem ich alleine nicht mehr herauskam, bis zu dem Tag als mein Mann mir einen Klinikaufenthalt vorschlug. Meine erste Reaktion war Abwehr – ist der wahnsinnig?! Doch dann sprach ich auch mit meinem Therapeuten darüber und er bestätigte, dass ein Klinikaufenthalt eine gute Möglichkeit für mich wäre.“

Doch Petra M. zögert noch „Die größte Hürde war ich selbst, zu groß war meine Sorge was andere darüber sagen könnten. Doch als ich dann eines Morgens im Bad stand, merkte ich, ich kann das nicht mehr. Ich schaffe es nicht alleine heraus aus diesem Teufelskreis.“ Zu diesem Zeitpunkt leidet sie wieder unter Haarausfall, Angstzuständen, hat Rückenschmerzen und Schlafstörungen. „Ich lag früh morgens hellwach im Bett – das Gedankenkarussell, gefüllt mit negativen Sachen, hörte nicht auf zu kreisen.“

Sie fasst den Entschluss zum Weg der Besserung und beginnt im Juni 2019 ihre Therapie in der Vitos Klinik für Psychosomatik Eltville. Ihr erstes Aha-Erlebnis hatte sie bereits kurz nach der Aufnahme, als sie auf einmal einen ruhigen Moment für sich hatte und merkte, dass sie das gar nicht mehr kannte. Einfach nur dazusitzen und nichts mehr tun zu müssen. Besonders positiv sind ihr auch die Mitpatienten in Erinnerung. „Man trifft auf Menschen, denen es genauso geht wie dir selbst und muss sich nicht mehr erklären. Das war so wohltuend. Ich fühlte mich auf einmal verstanden. Denn es ist sehr schwierig gesunden Menschen zu erklären, was eigentlich mit einem los ist.“

Petra M. nimmt an Gruppentherapien und Einzelgesprächen teil, doch auch die Kunst- und Ergotherapien sind wichtige Bestandteile. „Ich kannte nur Gesprächstherapie und habe es als sehr wertvoll und hilfreich empfunden auch andere Therapieformen kennenzulernen, weil man da auf eine andere Ebene an seine Themen kommt. Bereits in meiner ersten Kunsttherapiestunde, in der wir Begriffe ziehen und dazu etwas malen sollten, ist mir schon so vieles klargeworden.  Das hat mich sehr beeindruckt.“ Auch die Lage der Klinik in Eltville, mitten im Rheingau, in der Natur und am Wald haben Petra M. gut gefallen.

Über ihren Klinikaufenthalt hat sie nur mit dem engsten Kreis gesprochen. Ihre Mutter reagierte erschrocken: „Sie sagte mir damals: Ich hätte nie gedacht, dass du sowas bekommst, du bist doch eine starke Frau. Damit fühlte ich mich abgestempelt. Eine andere Freundin reagierte positiv und unterstützt die Entscheidung: Wenn dir das hilft, dann mache das“. Einer anderen Freundin erzählt sie es nicht, zu groß war das Schamgefühl. „Ich schämte mich für meine Krankheit, heute gehe ich sehr viel offener damit um.“

Nicht nur mit ihrer eigenen Krankheit geht Petra M. nach ihrem Klinikaufenthalt offen um, sie motiviert auch andere, denen es ähnlich geht und hat nach ihrem siebenwöchigen Klinikaufenthalt eine Selbsthilfegruppe in Wiesbaden gegründet. Ein vergleichbares Angebot gab es bis dahin nicht. Die Treffen finden noch heute (2x im Monat, immer montags statt) und auch mit ihrer Zimmergenossin hat Petra M. heute noch regen Kontakt.

Doch der Schritt zurück aus der Klinik in ihren Alltag war für sie auch mit Bedenken verknüpft.

„Innerhalb der Klinik bewegt man sich in einem geschützten Raum, außer den Therapien muss man sich um nichts kümmern“. Als sie dann wieder Zuhause war, ging es Petra M. gut und sie führt ihre Gesprächstherapie fort, doch hielt sie weiterhin an dem Gedanken der Selbstständigkeit fest, bis sie merkt, dass der Druck zu groß wurde. Heute weiß sie, dass sie einen ähnlichen Beruf wie früher nicht mehr nachgehen kann. Sie orientiert sich derzeit beruflich um, unterstützt ihren Mann in der Buchhaltung, erledigt den Haushalt, macht Sport und Dinge, die ihr guttun. „Ich befinde mich in einem Prozess, aber es geht mir gut. Ich habe lange Zeit geglaubt, dass meine Krankheit wieder weggehen muss und ich weitermachen kann, wie bisher. Aber ich wage es zu bezweifeln und glaube, dass die Akzeptanz der Schlüssel ist. Dann wird es besser. Anders als bei einem gebrochenen Bein beruht meine Krankheit auf Mustern, die durch die Erziehung geprägt sind und die ich mein ganzes Leben schon habe. Das geht nicht in zwei bis drei Jahren wieder weg.“

Neben der Selbsthilfegruppe hat Petra M. auch den Wunsch, dass sich die Berufswelt verändert und mehr Aufklärungsarbeit für psychische Belastungen, die in Erkrankungen münden können, betrieben wird: „Vieles wird unter den Teppich gekehrt. Menschen mit Depressionen oder Burnout werden schräg angesehen, es wird viel zu wenig dafür getan, im Gegenteil, es wird als Makel gesehen“.

Sie selbst kann anderen Betroffenen nur raten, sich früh genug Hilfe zu suchen. „Ich bin sehr dankbar für meinen Klinikaufenthalt. Dieser war ein echter Wendepunkt in meinem Leben, der mich endlich aus meinem Teufelskreis herausgerissen hat.“ Die erste Hilfe kann der Hausarzt sein oder eine Selbsthilfegruppe. Doch der erste Schritt und die erste Hürde, die es zu nehmen gilt, ist man selbst.

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