
Der frühere Bundesfinanzminister, Ministerpräsident und Kasseler Oberbürgermeister nahm sich mehr als zwei Stunden Zeit, um Fragen der jungen Patientinnen und Patienten sowie der Mitarbeitenden zu beantworten.
„Es machte unbändigen Spaß“, Oberbürgermeister zu sein, erinnerte sich das SPD-Urgestein zurück an seine Zeit im Kasseler Rathaus. Zwischen 1975 und 1991 hatte Eichel das Amt in seiner Geburts- und Heimatstadt inne. „Darauf hatte ich hingearbeitet“, erzählte er den jungen Zuhörerinnen und Zuhörern und berichtete von Besprechungen ebenso wie von gelegentlichen abendlichen Skatrunden sowie von Linsensuppe: „Die esse ich sehr gern. Wenn es mittags in der Kantine Linsensuppe gab und ich war nicht dort, wurde für mich immer eine Portion aufgehoben.“ Dass er mal in die Politik gehen würde, sei früh klar gewesen. Wobei: Zunächst habe er Architekt werden wollen, fünf Generationen Architekten habe die Familie hervorgebracht, auch sein Vater sei Architekt gewesen. „Bis heute zeichne ich gern Häuser, wenn ich Zeit habe“, sagte das SPD-Urgestein. Doch noch während der Schulzeit änderte sich das berufliche Ziel. Im Unterricht hätten sie einmal Parteien samt Spitzenkandidaten bilden müssen, damals sei er CDU-Spitzenkandidat gewesen und habe eine Rede gehalten. Danach war klar: Für Hans Eichel geht es in die Politik.
Hartgesottene Politiker und private Einblicke
Im Vorfeld des Besuchs hatten sich die jugendlichen Patientinnen und Patienten mit der Karriere und dem Leben des prominenten Kasselers beschäftigt und Fragen ausgearbeitet. So wollten die jungen Leute unter anderem wissen, ob sie später auch mal Rente bekommen werden („Ja, auch ihr werdet Rente bekommen“) und welche Fehler er in seinem Politikerleben gemacht hat („Ich wollte mal das Straßenbahn- und Busdepot gemeinsam in Wilhelmshöhe unterbringen, das ist mir auf die Füße gefallen“). Auch die aktuell weltweit angespannte politische Lage beschäftigt die Patientinnen und Patienten der Vitos Klinik. So kam unter anderem die Frage, wie man sich für die Demokratie einsetzen könne. „Man mischt sich ein, macht mit“, antwortete Eichel. In der Schule könne man zwar einiges lernen über Demokratie, aber „Demokratie geschieht durchs Mitmachen“. Man müsse allerdings „etwas hartgesotten sein“ in der Politik, Anerkennung durch diese Arbeit sei heute viel schwerer zu erreichen als früher. Und: Wer viel Geld verdienen wolle, müsse sich sowieso einen anderen Job suchen.
Auch den ein oder anderen privaten Einblick gewährte der Bundesminister a.D. beim Gespräch in
der Cafeteria der Klinik. So erzählte er unter anderem, dass er viele Jahre begeistert Pfeife geraucht habe. Aufgehört habe er zu seiner Zeit als Oberbürgermeister. Seine Sekretärin habe damals beklagt, dass der Rauch durch alle Ritzen ziehe. „Damit stellte sie mich vor die Wahl: Entweder sie oder die Pfeifen“, erinnerte sich Hans Eichel. Er habe sich für seine Sekretärin entschieden und so aufgehört mit dem Rauchen.
Für die Kinder und Jugendlichen bedeutete der Nachmittag mit Hans Eichel einen spannenden Einblick in das Leben eines ehemaligen hochrangigen Politikers. „Und Herr Eichel hat uns versprochen, uns bei der Kontaktaufnahme zu derzeit amtierenden prominenten Politiker-/innen zu unterstützen. Unsere Jugendlichen haben schon eine ganze Reihe von Themen zur politischen Debatte vorbereitet. Es geht also weiter mit anregenden, inspirierenden Veranstaltungen in unserer Klinik“, sagte Klinikdirektor Dr. Dietmar Eglinsky.
Hintergrund
Die Vitos Kinder- und Jugendklinik für psychische Gesundheit Kassel versorgt mit ihren angegliederten Tageskliniken und Ambulanzen Kinder und Jugendliche aus den nordhessischen Landkreisen. Behandelt wird stationär, tagesklinisch, ambulant oder Zuhause. Neben Angststörungen, ADHS und depressiven Störungen werden auch Bindungsstörungen, Störungen des Sozialverhaltens, Schizophrenien oder Abhängigkeitserkrankungen behandelt. Die Behandlung kann gegebenenfalls schon im Säuglingsalter beginnen, die meisten Patientinnen und Patienten sind allerdings zwischen sechs und 17 Jahre alt. Behandelt wird störungs- und bedarfsspezifisch durch ein multiprofessionelles Team.