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StäB: Behandlung Zuhause statt in der Klinik

Um eine akute psychische Krise zu überwinden, ist ein Klinikaufenthalt in vielen Fällen sinnvoll. Doch es geht auch anders. Mit der stationsäquivalenten Behandlung (StäB) bietet Vitos Behandlung Zuhause  Korbach Menschen mit akuten psychischen Problemen ein spezielles Therapieprogramm im eigenen Zuhause an.

Im Interview zieht Petra Sonnauer, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und Leiterin von Vitos Behandlung Zuhause Korbach eine Zwischenbilanz.

Was bedeutet stationsäquivalente Behandlung?

Um eine akute psychische Krise zu überwinden, ist in vielen Fällen ein stationärer Aufenthalt in einer Klinik sinnvoll. Bei der stationsäquivalenten Behandlung findet die Therapie allerdings nicht stationär in einem Krankenhaus, sondern im eigenen Zuhause des Erkrankten statt. Es handelt sich um eine eng auf die Bedürfnisse des Erkrankten zugeschnittene Behandlung und ist in der Intensität (mindestens) gleichwertig zu einer stationären Behandlung. Der Patient hat täglich mindestens einen, häufig sogar zwei persönliche Kontakte zu einem Mitglied des Behandlungsteams, das aktuell aus einer Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, einer Psychologin, drei Pflegefachkräften und einer Sozialarbeiterin besteht.

Seit wann bieten sie diese Behandlungsform an?

Der Gesetzgeber hat die stationsäquivalente Behandlung erst 2018 als neue Behandlungsform für psychisch kranke Menschen definiert, die ansonsten stationär in einer psychiatrischen Klinik behandelt werden müssten. Vitos Behandlung Zuhause Korbach bietet die stationsäquivalente Behandlung seit November 2019 an.

Welche Vorteile hat das für Patienten?

Trotz der intensiven Therapie kann der Erkrankte weiter in der gewohnten Umgebung und seinem sozialen Umfeld leben. Bei Bedarf können auch Familienangehörige einbezogen werden. Die Behandlung ist alltagsnah und hochindividualisiert. Das heißt, Probleme in der Bewältigung des Alltags (zum Beispiel: Ängste davor, das Haus zu verlassen) können direkt angegangen werden. Die täglichen Einzelkontakte ermöglichen ein zeitnahes Eingehen auf die Bedürfnisse der Erkrankten.

Was sind die Voraussetzungen?

Es muss aufgrund einer akuten psychischen Erkrankung eine stationäre Behandlung angebracht sein. Formale Voraussetzung ist die ärztliche Einweisung. Ob statt der stationären die stationsäquivalente Behandlung sinnvoll ist, entscheidet das StäB-Team.

Für welche Patienten ist diese Form geeignet?

Die Behandlung ist etwa für Patienten besonders geeignet, die bereits mehrfach stationär waren und den Aufenthalt abgebrochen haben oder nicht hilfreich fanden. Es kann auch sein, dass das Lebensumfeld eine intensive Berücksichtigung erfordert, die man mit einer klassischen Krankenhausbehandlung nicht erreichen würde.  Manchmal ist die Ursache der psychischen Krise auch im häuslichen Kontext oder in der Betreuungssituation (etwa Pflegeheim) zu suchen. Die Konfliktbearbeitung vor Ort kann also ein primäres Therapieziel sein. Oder der bessere Transfer des therapeutischen Inhalts in den Alltag. Vorteile bietet die Therapie Zuhause auch für körperbehinderte Personen, die in den eigenen vier Wänden über optimale Versorgungsbedingungen bzw. Hilfen zur Selbstversorgung verfügen.

Und für wen ist StäB nicht geeignet?

Nicht geeignet ist die stationsäquivalente Behandlung für Menschen mit einer Eigengefährdung, einer Fremdgefährdung, einer akuten Sucht-Erkrankungen oder einer akuten schweren körperlichen Erkrankung.

Fast alle bisher behandelten Patienten bewerteten die alltagsnahe und hochindividualisierte Unterstützung als sehr gewinnbringend.

Wieviele Patienten nutzen dieses Angebot im Landkreis bereits und wie wird die stationsäquivalente Behandlung vor Ort organisiert?

Unser StäB-Team ahiert unter dem Namen Vitos Behandlung Zuhause Korbach. Organisatorisch gehören wir zur Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Haina. Wir agieren aber eigenständig vom Standort Korbach aus. Aktuell bieten wir fünf Behandlungsplätze an – momentan für Menschen aus dem Raum Twistetal, Bad Arolsen und Korbach. Die Anmeldung erfolgt beim StäB-Team, das einen Aufnahmetermin vereinbart. Wie bei der stationären Aufnahme ist die Krankenhauseinweisung erforderlich.

Was passiert, wenn während der Therapie eine Krise auftritt?

Das StäB-Team bietet eine 24-stündige Rufbereitschaft an. Wir sind also wie im Krankenhaus stets für die Patienten erreichbar. Im Krisenfall erfolgt zunächst eine telefonische Beratung. Lässt sich die Krise so nicht entschärfen, ist der Besuch die nächste Option. Falls notwendig, organisieren wir die Verlegung in die vollstationäre Behandlung, also je nach Problemstellung in ein somatisches oder in ein psychiatrisches Krankenhaus.

Wie sind bisher die Rückmeldungen der Patienten? Wie empfinden sie die stationsäquivalente Behandlung?

Die Rückmeldungen sind überwiegend sehr positiv. Einige Patienten erlebten die hohe Besuchsfrequenz anfangs als anstrengend. Fast alle der bisher behandelten Patienten gewöhnten sich jedoch daran und bewerteten die alltagsnahe und hochindividualisierte Unterstützung als sehr gewinnbringend.

Wie sind die ersten Erfahrungen im Landkreis? Wo hat das Modell Chancen?

Eine große Chance besteht unserer bisherigen Erfahrung nach darin, dass Patientengruppen ein Behandlungsangebot erhalten, die bislang aufgrund ihrer persönlichen Lebensumstände auf eine intensive Behandlung verzichten mussten, zum Beispiel alleinerziehende Elternteile.

Eine Chance besteht auch in der Möglichkeit, eine Eskalation der Familiendynamik durch rechtzeitige Behandlung zu verhindern. Betroffene, die unter Ängsten mit Vermeidungsverhalten leiden oder schwere Probleme mit der Alltagsbewältigung haben, erhalten mit der stationsäquivalenten Behandlung eine intensive und alltagsnahe therapeutische Unterstützung, die es in dieser Form sonst nicht gibt.

Mit einer stationsäquivalenten Behandlung kann verhindert werden, dass Menschen durch lange Krankenhausaufenthalte ihre Selbstständigkeit verlieren und „hospitalisieren“.

Und wo muss ihrer Ansicht nach noch nachjustiert werden?

Bedauerlich ist es aus Sicht des Behandlerteams, dass es wenig Flexibilität bei der Behandlungsfrequenz gibt. Es wäre zum Beispiel günstig, wenn man zum Behandlungsende hin die Frequenz reduzieren könnte, also nicht mehr tägliche Besuchskontakte hätte. Die Erkrankten hätten damit die Möglichkeit, ihre Belastbarkeit zu erproben. Aufgrund der streng vorgeschriebenen Frequenz - täglich mindestens ein Besuchskontakt - gibt es diese Möglichkeit nicht.

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