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Grundstein für neue forensische Klinik gelegt

Datum:
Fachbereich:
Forensische Psychiatrie
Gesellschaft:
Vitos Haina gGmbH

Vitos Haina errichtet für mehr als 60 Millionen Euro einen Ersatzneubau für die Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina. Sie war bis zum Jahreswechsel mit mehr als 425 psychisch kranken Rechtsbrechern die größte hessische Maßregelvollzugseinrichtung. Der Klinikstandort in Gießen ist seitdem eine eigenständige Betriebsstätte von Vitos Haina.

© Stefan Betzler
Exakt 290 Tage nach Baubeginn wurde der Grundstein der neuen Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina gelegt; von links: Felix Beck (Vitos Geschäftsbereichsleiter Bauen, Umwelt- und Facilitymanagement), Dr. Sven Krimmer (Ärztlicher Direktor Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina), Susanne Selbert (Vitos Aufsichtsratsvorsitzende), Matthias Müller (Geschäftsführer Vitos Haina), Anne Janz (Staatssekretärin Hessisches Ministerium für Soziales und Integration), Sören Asboe (Prokurist Vitos Haina), Jochen Schütz (Vitos Konzerngeschäftsführer Personal und Finanzen), Katharina Sell (Vitos Bauen, Umwelt- und Facilitymanagement) und Gudrun Gaertner (Pflegedirektorin Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina).

Die neuen Leitungen der beiden Kliniken wurden in einem Festakt mit Staatssekretärin Anne Janz (Hessisches Ministerium für Soziales und Integration), Vitos Aufsichtsratsvorsitzender Susanne Selbert und Jochen Schütz (Vitos Konzerngeschäftsführer Personal und Finanzen) begrüßt. Gemeinsam mit dem Geschäftsführer von Vitos Haina, Matthias Müller, Vertretern aus Politik, Wirtschaft und öffentlichen Institutionen sowie Vitos Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern feierten sie die Grundsteinlegung für den forensischen Neubau.

Meilenstein im Maßregelvollzug

Als einen Meilenstein in der Geschichte des hessischen Maßregelvollzuges bezeichnete Staatssekretärin Anne Janz den Neubau für die Vitos Klinik für forensische Psychiatrie (KFP) Haina. Mehr als 60 Millionen Euro investiert das Land Hessen in den seit 2019 geplanten Gebäudekomplex. „Durch den Neubau werden nicht nur die Betriebsabläufe deutlich modernisiert und verbessert – letztendlich profitieren davon vor allem die Patientinnen und Patienten“, sagte die Staatssekretärin.

Der Vorsitzende der Vitos Konzerngeschäftsführung Reinhard Belling ergänzt: „Durch die Klinikteilung ist das komplexe Setting des Maßregelvollzugs jetzt auf einem angemessenen Niveau zu meistern. Der Neubau schafft die Voraussetzung dafür, dass das neu aufgestellte Führungsteam die zeitgemäßen medizinisch-therapeutischen und pflegerischen Konzepte in Kooperation mit den übrigen KFP auch tatsächlich umsetzen kann. Damit ist Vitos für die weiterhin riesengroßen Herausforderungen im Maßregelvollzug künftig gut aufgestellt“.

Die Hainaer Klinik ist als zentrale hessische Aufnahmeeinrichtung für psychisch kranke Rechtsbrecher seit Jahren einem massiven Belegungsdruck ausgesetzt. Die Entscheidung über Unterbringung bzw. Entlassung aus dem Maßregelvollzug obliegt den Gerichten. Insgesamt werden nach Bezug des Ersatzneubaus 237 Behandlungsplätze am Standort Haina zur Verfügung stehen. Hinzu kommen Bettenkapazitäten, um „Belegungsspitzen“ abzufangen.

Mehr Prävention, bessere Vernetzung

Janz forderte dazu auf, den Maßregelvollzug nicht isoliert zu betrachten. In der Mehrheit seien dort Menschen untergebracht, die im Vorfeld des Deliktes bereits in gemeindenahen psychiatrischen Versorgungssystemen angebunden gewesen seien. Von dort kämen aber ernstzunehmende Signale der Überlastung: hohe Auslastung der stationären Behandlungskapazitäten in der Allgemeinpsychiatrie, nicht immer ausreichende Angebote der sozialen Teilhabe und der besonderen Wohnformen, Wohnraummangel in Ballungsgebieten sowie der Fachkräftemangel, auch in der ambulanten Versorgung, allen Ortens. „Eine erhöhte Nachfrage stößt also auf ein scheinbar ausgelastetes Versorgungssystem, sodass in Zukunft verstärkt präventive Ansätze, eine verbesserte Vernetzung der Akteurinnen und Akteure sowie eine Optimierung der Steuerungsprozesse in der Verzahnung der verschiedenen Versorgungsbausteine von großer Bedeutung sein werden.“

Hessische Verlegungskonferenzen

Den Umgang mit der Belegungssituation gestalte Vitos immer professionell. Als Beispiel führte Janz die mit der Hainaer Klinikteilung eingeführten Verlegungskonferenzen mit den Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie Gießen, Riedstadt und Eltville sowie der forensisch-psychiatrischen Ambulanz an. „Dabei wird verabredet, welche Patientin und Patient in welcher Vitos Klinik die für ihn oder sie beste Behandlung erhält. Damit schreiben wir das System der Spezialisierungen und den gemeinsamen Blick auf einen hessischen Maßregelvollzug fort.“ 

Optimale Stationsabläufe

„Mit dem durch Corona verstärkten Anstieg psychischer Erkrankungen in der Gesellschaft geht auch eine steigende Zahl psychisch kranker Rechtsbrecher einher. Der Druck in den Maßregelvollzugseinrichtungen in Hessen ist immens. Daher freuen wir uns sehr, dass sich durch den modernen Ersatzneubau in Haina die Situation sowohl für die Patienten als auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbessern wird“, sagte Susanne Selbert, LWV-Landesdirektorin und Vitos Aufsichtsratsvorsitzende. Sie erinnerte an die veraltete Klinikstruktur mit Drei- oder sogar Vier-Bett-Zimmern (rund 40 Prozent) und das daraus resultierende erhebliche Konfliktpotential. „Die Patient/-innen werden von einer höheren Behandlungsqualität und die Teams von optimierten Stationsabläufen profitieren.“

7000 Quadratmeter Nutzfläche

126 Behandlungsplätze, 28 Betten als „Funktionsreserve“, sieben Stationen, 7.000 Quadratmeter Nutzfläche und Baukosten von mehr als 60 Millionen Euro – das sind die Eckdaten des Ersatzneubaus, der gemeinsam von Vitos, Vitos Haina und dem Land Hessen drei Jahre lang geplant und im vergangenen Jahr mit dem Abriss des früheren Ärztehauses im Hoher-Lohr-Weg und der Verlegung eines Holzabfuhrweges begonnen wurde. In dem neuen Komplex werden neben den Zimmern für die Patient/-innen auch eine Sicherheitszentrale, eine Sporthalle sowie Räume für Therapieangebote integriert sein.

33.000 Kubikmeter Erde bewegt

33.000 Kubikmeter Erde wurden in den vergangenen 290 Tagen bewegt. Auf der Bodenplatte sind mittlerweile die ersten beiden der insgesamt fünf Geschosse betoniert. Die Rohbauarbeiten sollen Ende 2023 abgeschlossen werden. Die Fertigstellung und der Bezug des Ersatzneubaus sind für Sommer 2025 geplant.

Gut aufgestellte Kliniken

Die neuen Klinikleitungen stellte Jochen Schütz, Vitos Konzerngeschäftsführer Personal und Finanzen, vor. Die Hainaer Klinik leitet seit Jahresbeginn Dr. Sven Krimmer, der zuvor Stellvertreter von Dr. Beate Eusterschulte war, die nun Ärztliche Direktorin der eigenständigen Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Gießen ist. Krimmer wird von Marco Giesler vertreten, Eusterschulte von Ursula Zimmer. Neue Pflegedirektorin der Gießener Klinik ist Annegret Peter-Nickel, die vor der Klinikteilung Stellvertreterin von Gudrun Gaertner war, die weiter für den Hainaer Standort verantwortlich ist. „Ich bin überzeugt davon, dass die Leitungen der Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie Gießen und Haina gut aufgestellt sind, um den künftigen Herausforderungen zu begegnen“, sagte Schütz.

Fachkräftemangel im Gesundheitswesen 

Mit Blick auf den Fachkräftemangel im Gesundheits- und Personalwesen verwies Schütz auf die großen Herausforderungen, Mitarbeitende für die forensische Psychiatrie zu gewinnen und ans Unternehmen zu binden. „Dazu müssen wir ein Arbeitsumfeld bieten, das von Wertschätzung, Empathie und der Möglichkeit zur Partizipation geprägt ist. Eine gute Führungskultur, berufsgruppenspezifische Personalentwicklungsprogramme sowie hochwertige Angebote zur Fort- und Weiterbildung über unsere Vitos Akademie sind hierfür der Schlüssel.“

Die größte Berufsgruppe bei Vitos, der Pflegedienst, stehe vor großen Herausforderungen. Noch sei in den beiden zu Vitos Haina gehörenden Kliniken für forensische Psychiatrie die Pflegefachquote mit rund 90 Prozent sehr hoch. Der Fachkräftemangel in der Pflege werde aber dazu führen, dass neben den dreijährig ausgebildeten Pflegefachkräften auch zunehmend einjährig ausgebildete Krankenpflegehelfer/-innen eingesetzt werden müssten. „Hierfür braucht es veränderte Personaleinsatzkonzepte. Denn natürlich muss trotz des unterschiedlichen Qualifikationsniveaus der Pflegekräfte weiterhin gewährleistet sein, dass der Therapie- und Sicherungsauftrag auf den Stationen erfüllt werden kann“, betonte Schütz.

Sicherung und Besserung

„Wir sind stolz auf unsere Geschichte und bewahren den fast 800 Jahre alten Campus. Zugleich sind wir Fortschrittsthemen gegenüber nicht nur aufgeschlossen, sondern gestalten aktiv die Zukunft“, sagte Matthias Müller, Geschäftsführer von Vitos Haina, in seiner Begrüßung in der Klosterkirche. Dieses Selbstverständnis treffe in besonderem Maße auf die Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina mit ihrer fast auf den Tag genau 46-jährigen Geschichte zu.

„Sicherung und Besserung lauten die Maßregeln, die unseren Auftrag in der forensischen Psychiatrie eindeutig definieren. In diesen Handlungsrahmen haben wir über Jahrzehnte hinweg unseren hohen Qualitätsanspruch integriert. Die engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind stets bestrebt, das Sicherungs- und das Behandlungssetting für unsere Patientinnen und Patienten weiter zu optimieren.“

Müller dankte denen an der Planung und am Bau beteiligten Firmen – insbesondere dem Landkreis mit Erstem Kreisbeigeordneten und Gesundheitsdezernenten Karl-Friedrich Frese für die Unterstützung bei den Genehmigungsverfahren. Nach einem Empfang im Rosengarten bestand die Gelegenheit zur Besichtigung der Baustelle.

 

Hintergrund: Dr. Sven Krimmer

Gebürtig aus dem Schwarzwald, ist Dr. Sven Krimmer seit 2007 bei Vitos beschäftigt. Thema der Promotionsarbeit im Jahr 2011: „Schizophrene Patienten im hessischen Maßregelvollzug“. Nach Funktionen als leitender Arzt und als stellvertretender Ärztlicher Direktor leitet er seit Jahresbeginn die Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina mit 349 Beschäftigten. 

 

Hintergrund: Annegret Peter-Nickel

Den Pflegedienst am Standort Gießen der forensischen Klinik Haina hat Annegret Peter-Nickel bereits seit 13 Jahren stellvertretend geleitet – seit der Klinikteilung ist sie offiziell Pflegedirektorin. Bereits die Ausbildung zur Krankenschwester absolvierte sie bei Vitos. Seit 2000 arbeitet sie in der forensischen Psychiatrie, seit 2010 als stellvertretende Pflegedirektorin.  In der Klinik sind 311 Fachkräfte beschäftigt, davon 239 im Pflegedienst.

 

Hintergrund: Maßregelvollzug in Hessen

Das Land Hessen hat die Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie mit dem Maßregelvollzug beauftragt. Im vergangenen Jahr waren durchschnittlich 889 Patientinnen und Patienten in den Kliniken in Bad Emstal, Haina, Gießen, Hadamar, Marburg, Eltville und Riedstadt untergebracht.

In den Kliniken in Haina und Gießen werden ausschließlich psychisch kranke Rechtsbrecher nach § 63 Strafgesetzbuch behandelt. Dabei handelt es sich um erwachsene Straftäter, die aufgrund einer psychischen Erkrankung von Gerichten nicht zu einer Haftstrafe in einer Justizvollzugsanstalt verurteilt, sondern nach § 63 StGB in einer Klinik für forensische Psychiatrie untergebracht werden.

Die Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina ist mit den beiden Aufnahmestationen zentrale Aufnahmeeinrichtung (§ 63 StGB, § 126a StPO) im hessischen Maßregelvollzug.

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