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"Nicht vor dem Hässlichen davonlaufen"

Datum:
Fachbereich:
Kinder- und Jugendpsychiatrie
Gesellschaft:
Vitos Herborn gGmbH

30. Herborner Arbeits- und Begegnungsforum widmete sich Traumafolgestörungen

30. Arbeits- und Begegnungsforum Herborn

Herborn, 30.06.2014 / Ob Naturkatastrophe, Krieg und Vertreibung, Missbrauchserfahrung oder andere extrem belastende Situationen – viele Menschen machen traumatische Erfahrungen. Unter ihnen sind häufig Kinder und Jugendliche. Sie benötigen besondere Unterstützung und therapeutische Konzepte, die auf ihre spezielle Problematik abgestimmt sind. Daher beschäftigte sich das Herborner Fachforum mit dem Erleben, der Verarbeitung und der therapeutischen Bewältigung traumatischer Ereignisse in Kindheit und Jugend. 150 Teilnehmer verschiedenster Berufsgruppen waren der Einladung zum 30. Arbeits- und Begegnungsforum gefolgt.

Prof. Dr. Matthias Wildermuth, Ärztlicher Direktor, begrüßte das Plenum und führte in das Thema ein. Ausgehend von der künstlerischen Verarbeitung menschlicher Grenzerfahrungen im 1. und 2. Weltkrieg, wie etwa durch den Maler Otto Dix, beschrieb er das klinische Bild der akuten Belastungsreaktion und Kennzeichen posttraumatischer Stressstörungen. Die Traumatisierung der Patienten äußere sich oftmals nach einer Phase der Ohnmacht auch in dem Gefühl des Hasses. Dies gelte in gleicher Weise für den Kinder- und Jugendlichenbereich. Bei dieser Symptomatik sei der therapeutische Zugang weitaus schwieriger als in Stadien des offensichtlichen Leidens. Er wünsche sich daher, dass „wir vor dem Hässlichen nicht davon laufen“.

Wie die Verarbeitung eines Traumas im Rahmen der Kunsttherapie mit Kindern und Jugendlichen gelingen kann, stellte Prof. Dr. Stefan Reichelt von der Kunsthochschule Alanus/Alfter in seinem Vortrag eindrucksvoll vor. Differenzierte methodische Zugänge ermöglichten es, die Ressourcen des Patienten über das künstlerische Objekt zu aktivieren und das jeweilige Ausmaß der Belastung, aber auch den Grad der Bewältigung einzuschätzen. Indra Henn, Kunsttherapeutin bei Vitos, stellte im Anschluss ein konkretes Projekt vor. Sie berichtete über ihre Arbeit mit hoch belasteten Kindern in einem Township bei Kapstadt/Südafrika. Die Kinder nehmen dort an einem kunsttherapeutischen Projekt, dem „Butterfly Art Project“ teil, das eng mit dem Schulunterricht verzahnt ist und aus Spendengelder finanziert wird. Die Kinder zeigten erstaunliche Möglichkeiten der schöpferischen Bewältigung angesichts einer bedrohlichen, oft immer wieder neu traumatisierenden Umwelt. Ein weiterer Vortrag widmete sich dem Schicksal von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in unserer Region. Dr. Klaus Dieter Grothe, Vorstandsmitglied der Flüchtlingshilfe Mittelhessen und Kinder- und Jugendpsychiater in eigener Praxis in Hüttenberg, erläuterte die psychische Verfassung der auf sich gestellten Kinder und Jugendlichen in der Situation der Heimatlosigkeit nach oft langen Etappen der Flucht. Er wies vor allem auf die Grundbedürfnisse der hier betreuten Flüchtlinge nach Beziehung, Struktur, Bildung und altersgerechter Freizeitbeschäftigung hin, deren Sicherstellung bei vielen bereits eine therapeutische Wirkung entfalten könnte.

Nach den Vorträgen konnten in zwei Arbeitsgruppen unter der Leitung von Prof. Reichelt und Dr. Grothe die jeweilige Thematik der Vorträge vertieft und vielfältige Möglichkeiten zum Austausch genutzt werden.

 

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