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Gericht erlaubt Rauchen im Maßregelvollzug

Datum:
Fachbereich:
Forensische Psychiatrie
Gesellschaft:
Vitos gGmbH

In der Klinik für forensische Psychiatrie Haina ist das absolute Rauchverbot aufgehoben. Der ärztliche Direktor Rüdiger Müller-Isberner zieht eine positive Bilanz der „rauchfreien Periode“: „Die in wissenschaftlichen Studien beschriebenen positiven Auswirkungen wie das niedrigere Aggressionspotenzial und die durch den Nikotinverzicht mögliche niedrigere Dosierung von Medikamenten haben sich bestätigt.“

Den im Maßregelvollzug behandelten psychisch kranken Rechtsbrechern in Haina und Gießen wird das Rauchen zunächst wieder im Freien gestattet, nachdem einige Abläufe neu organisiert wurden. Denn die Rauchutensilien müssen aus Sicherheitsgründen nach der Aushändigung zum Rauchen anschließend wieder eingezogen werden.

Zusätzlich sollen Raucherzimmer eingerichtet werden. Die Betriebsstättenleitung wird dabei auch die Bestimmungen des Arbeitsschutzes berücksichtigen. Sie sollen die Mitarbeiter vor den Gefahren des Passivrauchens schützen. Deshalb werden derzeit die notwendigen Umbauarbeiten erfasst und bewertet. Den Zeitraum, bis die Räume technisch so ausgestattet und umgerüstet sind, dass sie als Raucherräume zur Verfügung stehen, schätzt die Betriebsleitung auf drei Monate. Psychisch kranke Rechtsbrecher, die in Einzelzimmern untergebracht sind, bedürfen einer besonders intensiven Betreuung durch die Mitarbeiter, so dass auch hier technische Voraussetzungen und notwendige Umbaumaßnahmen noch geprüft werden.

Grund für die Aufhebung des generellen Rauchverbots sind Beschlüsse des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 7. April 2009, in denen eine hessische Klinik für forensische Psychiatrie als Behörde und nicht als Krankenhaus im Sinne des Hessischen Nichtraucher-Schutzgesetzes (HessNRSG) bewertet wird.

Generelles Rauchverbot im Krankenhaus

Nach dem HessNRSG gilt in Krankenhäusern gemäß § 1 Abs. 1 Ziffer 3 ein generelles Rauchverbot. Vitos hat die Maßregelvollzugseinrichtungen unter den Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 3 des HessNRSG subsumiert. Das heißt, Vitos und seine ärztlichen Direktoren werten die Kliniken für forensische Psychiatrie in Hessen als Krankenhäuser, in denen psychisch kranker Rechtsbrecher behandelt werden.

In Krankenhäusern obliegt dem jeweiligen ärztlichen Direktor die Entscheidung darüber, ob er Ausnahmen vom generellen Rauchverbot zulässt. Gemäß den gesetzlichen Vorgaben werden in den hessischen Maßregelvollzugseinrichtungen verschiedene Krankheitsbilder behandelt. Das führt dazu, dass die ärztlichen Direktoren das generelle Rauchverbot unterschiedlich bewerten. Aus therapeutischen Gründen wird beispielsweise in den Kliniken das Rauchen gestattet, in denen ein Entzug von Alkohol oder illegalen Substanzen erfolgt.

Der in Haina und Gießen behandelten Patientengruppe konnte der ärztliche Direktor keine Ausnahme vom generellen Rauchverbot gewähren. Medizinische Gründe und soziale Aspekte überwogen, die hier gegen eine durchgängige Ausnahme sprechen, so dass er ein generelles Rauchverbot im Innen- und Außenbereich aussprach. Gestützt wird seine Entscheidung von einer Vielzahl von Studien.

Sie belegen beispielsweise, dass der Tabakkonsum die Wirkung der pharmakologischen Therapie signifikant senkt. Das heißt, dass die in den Medikamenten enthaltenen Wirkstoffe von einem nikotinbelasteten Körper deutlich schlechter aufgenommen werden. Sie belegen, dass Rauchen die Gewalt unter den Patienten sowie zwischen Patienten und Mitarbeitern fördert. Der regelmäßige unfreiwillige Entzug zum Monatsende, wenn die finanziellen Mittel der Patienten aufgebraucht sind, erhöht das Aggressionspotenzial. Dann wird Tabak zum Tauschmittel für Gefälligkeiten - mit negativen Folgen.

Krankenhaus oder Behörde

Der Gesetzestext des HessNRSG lässt offen, ob der Maßregelvollzug als Krankenhaus oder als Behörde zu werten ist. Vitos zählt die Kliniken für forensische Psychiatrie zu den Krankenhäusern. Dem hat sich die Strafvollstreckungskammer des LG Marburg angeschlossen. Das Oberlandesgericht Frankfurt vertritt in seinen aktuellen Beschlüssen allerdings die Auffassung, es handele sich um Behörden. Somit ist der Landesgesetzgeber dazu aufgerufen, durch eine Novellierung des Gesetzes Klarheit zu schaffen.

Verfahren

In der Klinik für forensische Psychiatrie galt seit 1. Oktober 2007 ein generelles Rauchverbot im Innen- und Außenbereich. Einzelne Patienten haben gegen diese Anordnung geklagt. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts (LG) Marburg hat die Anordnung des ärztlichen Direktors über ein Rauchverbot aufgehoben. Dagegen hat dieser Rechtsbeschwerde erhoben und gleichzeitig beantragt, dass der Vollzug der Entscheidung des LG Marburg so lange ausgesetzt wird, bis über die Rechtsbeschwerde entschieden wurde. Dem hatte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt stattgegeben. Das OLG Frankfurt hat jetzt über die Rechtsbeschwerde entschieden und das generelle Rauchverbot aufgehoben.

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