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Erstes Rheingauer ADHS-Symposium bei Vitos Rheingau: Vorträge und Workshops zur Aufmerksamkeits-Defizit-Störung

Datum:
Fachbereich:
Kinder- und Jugendpsychiatrie
Gesellschaft:
Vitos Rheingau gGmbH

Rund hundert Fachbesucher hatten sich am vergangenen Samstag auf dem Eichberg eingefunden, um in Vorträgen und Workshops ihr Wissen über die Aufmerksamkeits-Defizit-und-Hyperaktivitäts-Störung ADHS auf den neuesten Stand zu bringen.

Vernissage im Patientencafé von Vitos Rheingau

Eingeladen hatte die Vitos Klinik Eichberg, die erwachsene Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen behandelt. Besprochen wurde das gesamte Spektrum dieser Störung, die in der Kindheit beginnt und bei bis zu zwei Drittel der Betroffenen im Erwachsenenalter weiter besteht. So gab es Vorträge aus dem Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie, der Erwachsenenpsychiatrie und der forensischen Psychiatrie.  

Vitos-Rheingau-Geschäftsführer Stephan Köhler betonte in seiner Begrüßung, wie erfreulich es sei, in ein Symposium alle drei Kliniken des Unternehmens einbinden zu können und so den gemeinsamen wissenschaftlichen Anspruch des Unternehmens sichtbar zu machen. Dies griff Dr. Anton Lehr, Ärztlicher Direktor des Klinikums, der die Veranstaltung moderierte, auf und schilderte in seiner Einführung den übergreifenden Aspekt dieser Störung, die sich eben nicht in die fachlichen Kategorien der Psychiatrie einfüge, sondern mit ihren häufig lebenslangen Auswirkungen ein gemeinsames Agieren aller Disziplinen erforderlich und sinnvoll mache. Damit hatte er den Tenor des Tages gesetzt.  

 In seinem Vortrag zu Genetik und Neurobiologie der ADHS wies der international renommierte Neurowissenschaftler, Neurologe und Psychiater Professor Dieter F. Braus, Klinikdirektor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Horst-Schmidt-Klinik in Wiesbaden nachdrücklich darauf hin, dass sich das Gehirn in seiner Entwicklung nicht nach juristischen Festlegungen wie der Volljährigkeit richtet: Das menschliche Gehirn ist erst mit Mitte Zwanzig ausgereift, entsprechend benötige die psychiatrische Behandlung junger Erwachsener das Know-how aus der Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie und umgekehrt.  

In allen Vorträgen wurde die Notwendigkeit betont, bei diesem Störungsbild integriert vorzugehen, um ADHS-Patienten optimale Behandlungsmöglichkeiten zu bieten. Nichtsdestotrotz erfordert ADHS je nach Lebensalter unterschiedliche Interventionen, auch das wurde in den Vorträgen deutlich. Das fängt damit an, dass für diese Krankheit, die lange als reine Kinder- und Jugendlichen-Störung betrachtet wurde, erst in den letzten Jahren diagnostische Leitlinien für Erwachsene erarbeitet wurden, wie Dr. Sibylle C. Roll, stellvertretende Klinikdirektorin der Vitos Klinik Eichberg und Organisatorin der Veranstaltung in ihrem Vortrag zur Diagnostik von ADHS bei Erwachsenen betonte. Sie wies auch daraufhin, dass die Diagnose keinesfalls anhand von Fragebögen gestellt werden kann. Nur eine mehrdimensionale Vorgehensweise, die neben der psychiatrischen Untersuchung bildgebende und gegebenenfalls nuklearmedizinische Verfahren, Angehörigenbefragungen sowie test- und neuropsychologische Zusatzdiagnostik einschließt, kann zu einer abschließenden Diagnose führen. Es geht weiter damit, dass für Erwachsene in Deutschland bis zum heutigen Tag keine Krankenkassen-zugelassenen Medikamente existieren, obwohl – wie die Expertin Dr. Barbara Alm, Oberärztin am Zentralinstitut für seelische Gesundheit Mannheim, ausführte – bei vielen Verläufen eine zusätzliche Pharmakotherapie unverzichtbar ist. Im Übrigen sei immer in Bezug auf den jeweiligen Patienten und seine Lebenssituation zu klären, ob eine Therapie, medikamentös oder psychotherapeutisch notwendig sei, so Alm.  

Umgekehrt ist die Medikation bei Kindern – Stichwort Ritalin – keineswegs immer das Mittel der Wahl. Dr. Dietmar Eglinsky, stellvertretender Klinikdirektor der Kinder- und jugendpsychiatrischen Klinik bei Vitos Rheingau betonte die Notwendigkeit eines multimodalen therapeutischen Konzepts, das vor allem auch die Eltern der betroffenen Kinder unterstützt und begleitet. Darin war er sich mit Professor Michael Huss, Klinikdirektor der kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung an der Universitätsklinik Mainz, einig, der die fachlich unumstrittenen Behandlungserfolge der Pharmakotherapie betonte, zugleich aber ebenfalls die Notwendigkeit zusätzlicher und abgestimmter psychotherapeutischer Maßnahmen in den Fokus nahm.  

Mit einer forensisch-psychiatrischen Fallvignette und Darstellung des Krankheitsverlaufes seit der Kindheit konnte Dr. Sara Gonzalez Cabeza, Ärztliche Direktorin der Klinik für forensische Psychiatrie die Zuhörer fesseln.  

Die Wissenschaftler waren sich auch darin einig, über die von den Fachdisziplinen gesteckten Grenzen hinaus gemeinsam forschen und therapieren zu wollen.  

Zum Abschluss eines mit Informationen dicht gepackten Tages fanden sich die Teilnehmer im Patientencafé von Vitos Rheingau zu einer Vernissage mit Werken des jungen Mainzer Künstlers Philipp Jung ein. Der Absolvent der Akademie für Bildende Künste wurde von Helmut Mair, dem Leiter des offenen Ateliers auf dem Eichberg vorgestellt. Mit einer Weinprobe des Hattenheimer Weinguts Karl-Johann Molitor klang das Symposium aus.

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