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Sicherheit für Patienten und Bewohner: Projektgruppe „Grenzwahrung“ bei Vitos Rheingau arbeitet an einem Konzept zum Schutz vor Übergriffen und Missbrauch

Datum:
Fachbereich:
Fachbereichsübergreifend
Gesellschaft:
Vitos Rheingau gGmbH

Das psychiatrische Zentrum Vitos Rheingau nimmt die Missbrauchsskandale in sozialen Einrichtungen der letzten Jahre zum Anlass, um ein umfassendes Schutzkonzept für seine Patienten und Klienten zu entwickeln. Eine Projektgruppe legt jetzt erste Ergebnisse dazu vor, die speziell für die Kliniken und den gemeindepsychiatrischen Bereich des Unternehmens erstellt wurden.

Das Schutzkonzept umfasst Maßnahmen, die den Schutz und die Sicherheit von Patienten und Klienten gewährleisten sollen, aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr Sicherheit für ihr Handeln in schwierigen Situationen geben können. Aufgabe der Projektgruppe ist es zudem, die internen Beschwerdemöglichkeiten um ein externes Beschwerdewesen zu erweitern. Der Gruppe, deren Gründung durch den therapeutischen Dienst angeregt wurde, gehören fachspezifische Führungskräfte, Mitglieder des Betriebsrats sowie ehemalige Patienten und Patientinnen an. Für eine externe Begleitung des Projekts konnte Professor Mechthild Wolff von der Hochschule Landshut gewonnen werden, sie ist Expertin für Klientenschutz in Institutionen und Vorsitzende des Fachbeirats des Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. 

„Gründe, warum wir uns das Thema auf die Fahne geschrieben haben, gibt es viele“, erklärt Josef Hoffmann, Personalleiter bei Vitos Rheingau und Verantwortlicher für die Projektgruppe. „Glücklicherweise hatten wir keinen Vorfall, der uns dazu veranlasst hätte, vielmehr erachten wir den Klientenschutz als grundsätzlich wichtige Aufgabe und Verantwortung. Gerade in Zeiten, in denen Missbrauchsskandale in großen Einrichtungen, wie der Odenwaldschule, in Internaten und Heimen, bekannt wurden, müssen wir an einem sicheren Klima für die Menschen arbeiten, die uns anvertraut werden“.  

Einige der geplanten Maßnahmen wurden bereits in der ersten Projektphase, die der Sensibilisierung galt, umgesetzt. „Anfangs ging es darum, Patienten und Mitarbeiter schriftlich über die Arbeit der Gruppe und das Projekt zu informieren, zumal ein solches Thema für viel Aufruhr in Institutionen sorgt“, erläutert Wolff. Der nächste Schritt bestand darin, alle Klienten und Patienten einzuladen, sich über Verhaltensweisen auszutauschen, die im Alltag auf den Stationen als erwünscht, diskussionswürdig oder eben unerwünscht erachtet werden. Aus der Sortierung und Bündelung aller eingegangenen Situationsbeschreibungen konnte ein für alle verständliches und anschauliches Poster produziert werden, das auf den Stationen und in den Wohngruppen sichtbar angebracht wurde und zum weiteren Dialog und zur Kommentierung aufruft. „Das Poster ist nur ein Zwischenschritt“, so Wolff, „aber es macht die Themen Grenzen und Grenzwahrung sichtbar und setzt sie auf die Tagesordnung.“ 

Zeitgleich hatte die Projektgruppe einen Fragebogen zur Einschätzung des Sicherheitsgefühls und des Schutzbedürfnisses von Patienten erstellt. Mit dieser sensiblen Befragung soll ermittelt werden, welche Risiken und Gefährdungspotentiale in der Einrichtung möglicherweise bestehen. Die Befragung will auch den internen Dialog bei Vitos Rheingau zu den Themen Nähe und Distanz fördern und Ängste nehmen, sich offen darüber auszutauschen. Die Befragung wird derzeit von der Hochschule Landshut ausgewertet.  

Ausgearbeitet und juristisch geprüft wurde auch ein Notfallplan, der die Handlungssicherheit der Mitarbeitenden erhöhen soll. Der Plan enthält zentrale Aussagen zu notwendigen Zuständigkeiten und Schritten, die eingeleitet werden müssen, wenn es einen Verdacht und Vermutungen zu Grenzverletzungen, Übergriffen oder strafrechtlich relevanten Verhaltensweisen gegenüber Patienten gibt. Der Notfallplan wurde mit bereits in anderen Institutionen entwickelten Notfallplänen abgeglichen und den Mindeststandards zum Schutz von Klienten in Institutionen angepasst. Eine externe Beschwerdestelle soll zukünftig Klienten und Patienten zur Verfügung stehen, wenn ihnen Übergriffe oder Grenzverletzungen widerfahren sollten.  

„Die Entwicklung eines gelebten Schutzkonzepts kann nur im Zusammenwirken all derer gelingen, die es letztlich auch einlösen müssen“, begründet Wolff den bei Vitos Rheingau gewählten Ansatz. „Man ist hier sehr früh und mutig den Weg eines Organisationsentwicklungsprozesses gegangen, hierdurch zeichnet sich aus meiner Sicht gute Praxis aus“, so Wolff weiter. Die Verantwortlichen zeigen sich zufrieden angesichts der ersten Arbeitsergebnisse: „Das Thema Grenzwahrung zwischen Mitarbeitenden und Patienten stellt sich im Alltag ständig und erfordert Verantwortungsbereitschaft von jedem. Wir sind froh darüber, dass die Notwendigkeit der Arbeit dieser Projektgruppe bei allen Beschäftigten bei Vitos Rheingau angekommen und begrüßt worden ist“, ergänzt Hoffmann.  

Die Projektgruppe hat noch einige Vorhaben auf ihrer Agenda: in den nächsten Monaten wird es um die Implementierung von Maßnahmen im Rahmen der Personalentwicklung gehen, die eng mit dem Betriebsrat abgestimmt werden. „Für Institutionen ist das Thema Schutz mit Ablauf eines initiierenden Projekts nicht zu Ende. Über das Gefühl von Sicherheit und Schutz muss man immer miteinander im Gespräch bleiben“, so Prof. Wolff abschließend. 

Weitere Informationen zur Arbeit der Projektgruppe erhalten Sie über:

Josef Hoffmann, Personalleiter, Vitos Rheingau gemeinnützige GmbH, Kloster-Eberbach-Straße 4, 65346 Eltville, Tel. 06123-602-333

Prof. Dr. Mechthild Wolff, Hochschule Landshut, Am Lurzenhof 1, 84035 Landshut, Tel. 0871-506-439

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