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Vitos Rheingau lädt Politiker aus Schlangenbad ein: Informationsgespräch über psychiatrische Mythen und moderne Psychiatrie

Datum:
Fachbereich:
Fachbereichsübergreifend
Gesellschaft:
Vitos Rheingau gGmbH

Vitos Rheingau hat die Presseberichterstattung über die mögliche Nutzung eines Schlangenbader Hotels als psychiatrische Klinik zum Anlass für einen Informationsabend genommen. Themen waren Psychiatrie und psychische Erkrankungen sowie ihre aktuellen Behandlungsformen. Eingeladen wurden Schlangenbader Lokalpolitiker.

„Die Berichterstattung über die Diskussion, die in Schlangenbad im Zusammenhang mit der möglichen Ansiedlung einer psychiatrischen Klinik geführt wurde, hat uns einmal mehr bestätigt, dass es zum Thema Psychiatrie zwar viele Vorstellungen gibt, diese aber wenig mit der Realität heutiger psychiatrischer Kliniken und Behandlungsweisen zu tun haben“, begründet Stephan Köhler, Geschäftsführer von Vitos Rheingau, die Einladung nach Eltville.  

Ziel war es, den Lokalpolitikern einerseits einen modernen Psychatriedienstleister mit seinen medizinischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen vorzustellen, zum anderen den hartnäckigen gesellschaftlichen Vorurteilen gegenüber psychisch Kranken und psychischen Erkrankungen die Realität entgegenzuhalten. Nicht zuletzt sollte auch ein Beitrag dazu geleistet werden, Hemmungen und Vorbehalte gegenüber Psychiatrie abzulegen.  

Im Gespräch mit Bürgermeister Michael Schlepper und Birgt Weigelt, Ausschussvorsitzende für Jugend, Sport, Soziales, Kur und Kultur, machten Stephan Köhler, Klinikdirektorin Dr. Sibylle C. Roll und Krankenpflegedirektor Klemens Kropp am Beispiel der Klinik Eichberg deutlich, wie eine psychiatrische Klinik arbeitet. So liegt die durchschnittliche Verweildauer von Patienten in der Klinik Eichberg heute bei rund drei Wochen, wenn nötig folgt im Anschluss noch eine tagesklinische oder ambulante Weiterbehandlung. Die Ursachen psychischer Erkrankungen sind – wie bei somatischen Krankheiten – eine Mischung aus genetischer Veranlagung, biografischen Ereignissen und Lebensstil. „Nicht jedes Opfer des Tsunami hat damals eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt“, erklärte Dr. Roll die Krankheitsentstehung am Beispiel der Naturkatastrophe von 2004. „Aber diejenigen, die daran erkrankt sind, brachten eine genetische Veranlagung mit, für die dann die Katastrophe der Auslöser wurde.“ Insofern könne niemand von sich selbst wissen, ob und wann ihn eine psychische Erkrankung treffe. Und deshalb sei es so wichtig, dass eine psychiatrische Behandlung als normale medizinische Therapieform verstanden würde und bei Betroffenen nicht noch zusätzliche Ängste vor Stigmatisierung und Ausgrenzung auslöse.

„Das Bild von psychisch Kranken wird immer noch geprägt von den wenigen Patienten, die tatsächlich gewalttätig werden. Sie erhalten eine hohe mediale Aufmerksamkeit und überdecken dadurch die unspektakuläre Realität der überwiegenden Mehrzahl unserer Patienten“, so Sibylle Roll. Dazu käme, dass solche in der Regel schuldunfähigen Rechtsbrecher laut Berichterstattung dann immer ‚in die Psychiatrie‘ eingewiesen würden. Faktisch kämen sie aber nicht in allgemeinpsychiatrische Krankenhäuser – auch nicht, wenn diese geschlossene Stationen hätten – sondern in Spezialkliniken für forensische Psychiatrie, die besonders gesichert seien und auch über therapeutisches Spezial-Know-how verfügten. Psychiatrie und ihre Patienten seien nicht per se gefährlich. Auch die Gesamtzahl von psychisch kranken Rechtsbrechern verübter Gewaltdelikte sei deutlich geringer als der Anteil durch Nicht-Kranke begangener Gewalttaten. 

Was die Wünsche an die Politik von Seiten der Klinik seien, fragte Michael Schlepper am Ende des sehr konstruktiven Gesprächs. „Wir wünschen uns schon, dass gängige Fehleinschätzungen über Psychiatrie nach Möglichkeit entkräftet werden“, sagte Stephan Köhler. Ein wesentliches Ziel der in der Psychiatrie Tätigen sei es, dass ihre Patienten Teil der Gesellschaft blieben und nicht neben der Erkrankung gegen Vorurteile und Ausgrenzung kämpfen müssten. „Inklusion muss auch für psychisch kranke Menschen möglich sein, ihre Entstigmatisierung wollen und werden wir weiter aktiv unterstützen“, so Köhler abschließend.

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