Körper. Seele. Einklang. Was tun, wenn Schmerzen lebensbeherrschend werden?
Krankheit oder Schmerzen sind für den drahtigen Mann nie ein Thema gewesen, mit dem er sich ernsthaft beschäftigen musste. Aktiv, leistungsstark und zuversichtlich ist er durch das Leben gegangen.
Wer über so eine robuste Gesundheit verfügt, kann sich glücklich schätzen. So ging es auch Joachim, bis er quasi aus heiterem Himmel Schmerzen im Lendenwirbelbereich bekam.
Die Schmerzen kamen und sie blieben.
Was nicht kam, war eine klare Diagnose. Die Ursache der Beschwerden ließ sich nicht finden. Er konsultierte zahlreiche Ärzt/-innen und Koryphäen auf diesem Gebiet. Doch keiner der Fachleute konnte einen körperlichen Befund ausmachen, der den Umfang und die Stärke der Schmerzen erklärte.
Um es überhaupt noch noch aushalten zu können, wurden ihm stetig stärkere Medikamente verschrieben. Geraume Zeit nahm er Opiate. Dennoch bestimmten die Schmerzen sein Leben und sind chronisch geworden. Sechs bis sieben Wochen im Jahr konnte er deswegen nicht zur Arbeit gehen.
Er kam zur stationären Behandlung in eine Frankfurter Klinik. Hier sprach man zum ersten Mal den Gedanken aus, seine Beschwerden aus der psychosomatischen Perspektive zu betrachten. Also im Zusammenhang von Seele und Körper. Joachim brauchte aber noch etwas Zeit, bis er sich darauf einlassen konnte. Schließlich war der Leidendruck so groß, dass ihm seine Hausärztin einen stationären Aufenthalt in der Herborner Psychosomatik nahelegte. Der Gedanke an einen längeren Klinikaufenthalt stimmte ihn nicht gerade fröhlich. Er scheute sich davor, längere Zeit aus dem Alltag herausgerissen zu werden. Doch für ihn war emotional und körperlich der Rand der Klippe erreicht. Er war an einem Punkt, wo er sich gedanklich mehr mit dem „Wegsein“ beschäftigte als mit dem „Hiersein“. Seine Ärztin sagte ihm vor der Einweisung, dass für einen erfolgreichen Aufenthalt Veränderungen nötig sein werden, Joachim war dazu bereit.
Elf Wochen in der Klink liegen hinter ihm. Es ist ihm gelungen, in dieser Zeit Angriffspunkte für Verbesserungen in seinem Alltag zu finden, die er vorher nicht sah oder fühlte. Joachim spricht von einem „Blumenstrauß“ an therapeutischen Angeboten, die ihm in ihrem Zusammenspiel geholfen haben. In der Einzelpsychotherapie gelang es ihm, den seelischen Ursachen für seine Schmerzen auf den Grund zu gehen : Ein Missverhältnis von Arbeit und Freizeit und damit zu viel emotionaler und zeitlicher Raum für den Beruf war wohl einer der Gründe.
Sehr hilfreich empfand er auch die Gruppentherapie und die Einbindung in die Patientengemeinschaft. „Man erfährt Solidarität. Zudem stärkt der Austausch mit anderen Betroffenen die Fähigkeit, sich selbst zu helfen.“
Auch von den kreativtherapeutischen Angeboten wie Musik- und Maltherapie berichtet er positiv. Sie unterstützten ihn darin, sich mental vom Schmerz zu entfernen und so seine Gedanken wieder freier laufen zu lassen.
Zuversichtlich in die Zukunft
Am Tag der Entlassung sieht Joachim L. zuversichtlich, aber auch voller Respekt in die Zukunft. Er kehrt in ein verständnisvolles soziales Umfeld zurück. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Viele Patientinnen und Patienten erleben anderes. Sogar mit seinem Chef konnte er offen über den Klinikaufenthalt sprechen. Und hat bei ihm bereits ein offenes Ohr für seinen Plan, zukünftig Teilzeit zu arbeiten, gefunden.
Dennoch fragt er sich, ob und wie es ihm gelingen wird, seine gute Grundverfassung in den Alltag „herüberzuretten“. Es gilt, die in der Klinik erlernten Fähigkeiten ins Private zu übertragen. Schon während seines Klinikaufenthaltes hat er eine Reha beantragt. Das sei ein stützender Gedanke. Zudem wird er sich einen Schmerztherapeuten zu suchen. Und, so sagt er, „man könne wiederkommen“. Erneut Hilfe zu suchen, sei eben kein Scheitern. Er ist froh, sich den Schritt zu einer stationären Behandlung getraut zu haben. „In dem Verb `trauen` steckt auch Vertrauen“, so Joachim, „man muss vertrauen und die Hilfe anderer annehmen – auch über die körperliche Behandlung hinaus.“ Diesen Appell richtet Joachim vor allem an seine Geschlechtsgenossen. Während seines Klinikaufenthaltes waren Mitpatientinnen in der Überzahl. Er wünscht sich, dass auch Männer lernen sich zu öffnen und Berührungsängste abzubauen, ihre Probleme anzugehen und Schritte zu wagen, bei seelischen und psychosomatischen Krisen Hilfe anzunehmen.
*Hinweis: Die in diesem Bericht geschilderten Erfahrungen wurden uns von unserem Patienten genau so geschildert. Weil uns die Privatsphäre unser Patient/-innen jedoch sehr wichtig ist, haben wir seinen Namen geändert sowie symbolisch das Bild eines Models verwendet.
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