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Ausbildung für Pharmazeuten in der Psychiatrie

Datum:
Fachbereich:
Fachbereichsübergreifend
Gesellschaft:
Vitos Rheingau gGmbH

Praktische Auswirkungen des „Eichberger Modells“;
Professur für Klinikdirektorin Sibylle C. Roll

Seit vier Jahren geht die Vitos Klinik Eichberg als bisher einzige psychiatrische Klinik in Deutschland fortschrittliche Wege bei der pharmakologischen Behandlung ihrer Patienten. Die klinische Pharmazeutin Professor Dr. Martina Hahn berät Patienten und Ärzte zu allen Fragen rund um die Arzneimitteltherapie. Das „Eichberger Modell“ mit einer klinischen Pharmazeutin im Klinikteam ist mittlerweile national und international anerkannt: Inzwischen kooperiert die Klinik Eichberg mit den Universitäten Frankfurt, Marburg,Tübingen, Greifswald und Florida, USA bei der praktischen und theoretischen Ausbildung angehender Pharmazeuten. Der Klinikdirektorin Sibylle C. Roll wurde kürzlich für ihre klinische und wissenschaftliche Arbeit sowie ihre Lehrtätigkeit in Psychopharmakotherapie von der amerikanischen Universität eine Professur mit Lehrauftrag für klinische Pharmazie verliehen.

„Das hat mich wirklich sehr gefreut“, sagt Sibylle Roll. „Diese Professur ist ja nicht nur eine Anerkennung meiner persönlichen Expertise in der Psychopharmakotherapie, sondern eine akademische Würdigung für die Etablierung der klinischen Pharmazie in der Psychiatrie und für unsere Bemühungen, die Ausbildung angehender klinischer Pharmazeuten zu optimieren.“ Die Festanstellung einer Apothekerin und Pharmazeutin als Mitarbeiterin der Klinik, die an den Visiten teilnimmt und die bei allen neu aufgenommenen Patienten deren Medikationen überprüft und Empfehlungen ausspricht, sei in Deutschland absolut einmalig, so Professor Roll weiter. „Das macht außer uns bislang noch keine Klinik. Dabei haben Pharmazeuten im Studium eine viel intensivere Ausbildung hinsichtlich Arzneimittel und deren Darreichungsformen als Mediziner, ihr Wissen erspart uns Ärzten viel Recherchearbeit, beispielsweise zu Wechselwirkungen von Medikamenten. Dadurch haben wir wieder mehr Zeit für psychotherapeutische Gespräche mit unseren Patienten.“

Die Kooperation mit Florida funktioniert trotz der großen Distanz erstaunlich gut. Martina Hahn hat regelmäßig junge Amerikanerinnen und Amerikaner in der praktischen Ausbildung. Im letzten Jahr waren das Nicole Cisler, Amy Lynn Safaty, David Raynaud und Hiren Shah, in den letzten Monaten waren Gavin Meeks, Jabe Weaver und David Cunningham in der Vitos Klinik Eichberg. Die Studierenden kommen nach Abschluss der theoretischen universitären Ausbildung. An sie schließt sich in den USA – wie auch in Deutschland-  ein einjähriges Praktikum an, innerhalb dessen die angehenden Apotheker jeden Monat in einer anderen Einrichtung sind. Mit dem Praktikumsstandort Eichberg kommen gleich mehrere neue Erfahrungen zusammen: ein anderes Land, eine fremde Sprache und das Neuland Psychiatrie.

In der Klinik lernen sie die Besonderheiten der psychopharmakologischen Behandlung von psychisch kranken Menschen kennen, erleben Krankheitsbilder und beschäftigen sich mit der Nutzen-Risiko-Abwägung, ob ein Arzneimittel überhaupt eingesetzt werden sollte. Dazu kommt die auch in anderen Bereichen, insbesondere in Apotheken benötigte Beratungserfahrung. „Es ist erstaunlich, wie viel die Praktikanten mitbekommen, wenn ich Patienten berate, obwohl sie kaum oder gar kein Deutsch sprechen“, sagt Martina Hahn. „Durch die fehlenden Sprachkenntnisse konzentrieren sie sich zwangsläufig auf das Nonverbale, wie zum Beispiel Mimik und Körpersprache– und können dadurch erfahren, worum es im Gespräch geht, aber zum Beispiel auch, wie sich die Patienten fühlen und wie sie zu einem möglichen Medikament stehen.“

Die jungen Amerikaner nehmen außerhalb der Klinik große Unterschiede zwischen deutschen und amerikanischen Apotheken wahr. In Amerika wären Apotheken Supermärkten sehr viel ähnlicher, es gäbe wesentlich mehr frei zugängliche Medikamente als hier. Blutspiegelkontrollen der Wirkstoffe, das sogenannte Drug Monitoring ist in den USA bei Psychopharmaka gänzlich unüblich, während es in der Vitos Klinik Eichberg schon lange Standard geworden ist. Es interessiert die amerikanischen Studenten daher besonders, damit sie das hier erworbene Wissen mit in ihre Heimat transportieren können. Insgesamt sind die bisherigen Gäste aus Amerika von der Klinik und der Region sehr angetan. Sie würden ihren Kommilitonen den Aufenthalt auf jeden Fall empfehlen.

„Und für uns ist es neben der Freude an der Ausbildung junger Menschen natürlich auch eine Chance, die Klinik und das „Eichberger Modell“ erlebbar zu machen“, so Sibylle Roll abschließend. „Deshalb freuen wir uns natürlich genauso über die Zusammenarbeit mit den vier deutschen Universitäten – und hoffen, dass der eine oder die andere unserer Praktikanten in einer weiteren Klinik die Funktion von Martina Hahn übernehmen wird. Wir wollen nämlich nicht allein bleiben, sondern hoffen auf viele Nachahmer.“

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