„Auf Vollzugslockerungen hat jeder Maßregelvollzugspatient einen gesetzlichen Anspruch. Er muss sie sich schrittweise erarbeiten. Nur so kann er an das Leben in Freiheit herangeführt werden. Trotz vorheriger Gefahrenprognose kann nie gänzlich ausgeschlossen werden, dass es vereinzelt zu Entweichungen kommt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Maßregelvollzug erfüllen ihren Auftrag auf hohem Niveau und mit viel Engagement“, erläutert Reinhard Belling, Geschäftsführer der Vitos GmbH.
Drei Entweichungen aus Vollzugslockerungen
Ein Patient der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Bad Emstal entwich während eines begleiteten Ausgangs und stellte sich nach 23 Tagen selbst. Es gibt keinen Hinweis auf ein Delikt während der Entweichung.
Ein Patient der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina entwich während eines unbegleiteten Ausgangs und wurde zwei Stunden später von der Polizei in der Nähe der Klinik aufgegriffen. In dieser Zeit hatte er eine Hose gestohlen. Ein anderer Patient entwich während eines begleiteten Ausgangs vom Klinikgelände. Bereits eine Stunde später wurde er von Pflegekräften wieder aufgegriffen und in die Klinik zurückgebracht.
Fünf Entweichungen aus dem Entlassungsurlaub
Zwei Patienten der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Bad Emstal entwichen während ihres Entlassungsurlaubes. Der eine kehrte nach einem Alkoholrückfall nach wenigen Stunden zurück. Der andere stellte sich nach acht Tagen freiwillig bei der Polizei.
Ein Patient der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Hadamar entwich während des Entlassungsurlaubs aus einer Nachsorgeeinrichtung. Er war am nächsten Tag zurück.
Zwei Patienten der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina befanden sich bereits im Entlassungsurlaub. Sie kehrten nicht vereinbarungsgemäß an ihren Wohnort zurück. Einer war nach einem halben Tag, der andere nach zwei Tagen zurück.
Bei keinem der Patienten gibt es Hinweise auf Delikte während der Entweichung.
Fünf Ausbrüche
Vier Patienten sind aus der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Hadamar ausgebrochen. Sie waren kurze Zeit später zurück in der Klinik bzw. sind in Justizvollzugsanstalten verlegt worden. Drei von ihnen könnten während ihrer Flucht an einem Bankraub beteiligt gewesen sein. Dazu wurden polizeiliche Ermittlungen eingeleitet.
„Die Klinik war ursprünglich nicht für den Maßregelvollzug gebaut worden“, erklärt Ralf Wolf, Ärztlicher Direktor der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Hadamar. „Die Patienten gingen mit erheblicher krimineller Energie vor, sodass die Klinik sicherheitstechnisch noch einmal nachgerüstet wurde. Ein Umbau kann nicht so gut sein, wie ein Neubau, der speziell für den Maßregelvollzug konzipiert wurde. Für den Neubau der forensischen Klinik in Hadamar haben die Bauarbeiten begonnen.“
Ein Patient brach aus der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina aus. Er wurde nach 20 Stunden von der Polizei zurückgebracht.
Dr. Rüdiger Müller-Isberner, Ärztlicher Direktor der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina, versichert: „Unmittelbar nach dem Ausbruch haben wir Baumaßnahmen ergriffen, um die Sicherheit zu gewährleisten. Mit der Fachaufsicht im Hessischen Sozialministerium haben wir den Fall gründlich aufgearbeitet und weitere Maßnahmen ergriffen, die wir aus Sicherheitsgründen nicht öffentlich erläutern können.“
Weder bei der Vitos jugendforensischen Klinik Marburg noch bei den Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie Riedstadt und Eltville gab es 2012 Entweichungen.
Die Entweichungsrate pro 100 Belegungsfälle (Entweichungen geteilt durch Durchschnittsbelegung mal 100) liegt 2012 bei 1,77 Patienten. Vergleichszahlen aus anderen Bundesländern wurden für das Jahr 2010 erhoben. Bei 14 an der Datenerhebung teilnehmenden Bundesländern lag die durchschnittliche Entweichungsrate 2010 bei 2,80 Patienten pro 100 Belegungsfälle. Hessen liegt damit deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.
2011
2011 sind neun Patienten aus Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie entwichen, aber kein Patient ist ausgebrochen.
Drei Entweichungen bei Vollzugslockerungen
Ein Patient der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Bad Emstal entwich während eines zweistündigen unbegleiteten Ausgangs und kehrte noch am selben Tag in leicht alkoholisiertem Zustand freiwillig in die Klinik zurück.
Ein Patient der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Hadamar blieb nach einem unbegleiteten Einzelausgang fern. Er war 116 Tage flüchtig und kehrte freiwillig in die Klinik zurück.
Bei einem Patienten der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Eltville wurde nach einem genehmigten Einzelausgang eine Fahndung ausgelöst, die kurze Zeit später wieder zurückgenommen wurde, da der Patient in alkoholisiertem Zustand freiwillig in die Klinik zurückkam.
Sechs Entweichungen aus dem Entlassungsurlaub
Ein Patient der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Bad Emstal befand sich in einer Dauerbelastungserprobung in einer Nachsorgeeinrichtung und erschien nicht zu einem vereinbarten Termin in der forensisch-psychiatrischen Ambulanz. Der Patient wurde nach 18 Tagen von der Polizei in die Klinik zurückgebracht. In dieser Zeit war er an einem Raub beteiligt.
Zwei Patienten der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina entwichen während ihres Entlassungsurlaubes aus nachsorgenden Wohnheimen. Der eine Patient wurde bereits am gleichen Tag von der Polizei aufgegriffen. Der andere Patient setzte sich 200 Tage in die Türkei ab und stellte sich nach seinem Rückflug noch am Flughafen der deutschen Polizei.
Drei Patienten der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Hadamar entwichen jeweils während ihrer Entlassungsurlaube aus nachsorgenden Einrichtungen. Zwei Patienten wurden bereits am gleichen bzw. am darauffolgenden Tag von der Polizei in die Klinik zurückgebracht. Der dritte Patient stellte sich freiwillig nach 43 Tagen.
Bis auf die eine Ausnahme liegen keine Hinweise auf mögliche Delikte während der Entweichungen vor.
Weder bei der Vitos jugendforensischen Klinik Marburg noch bei der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Riedstadt, die am 1. April 2011 eröffnet wurde, gab es 2011 Entweichungen.
2010
- Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Bad Emstal: eine Entweichung bei Vollzugslockerung, zwei Entweichungen aus dem Entlassungsurlaub
- Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Hadamar: drei Entweichungen bei Vollzugslockerung, eine Entweichung aus dem Entlassungsurlaub, ein Ausbruch
- Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Eltville: eine Entweichung aus Vollzugslockerung, eine Entweichung aus dem Entlassungsurlaub
- Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina: keine
- Vitos jugendforensische Klinik Marburg: keine
- Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Riedstadt: noch nicht eröffnet.
Maßregelvollzug
Menschen, die aufgrund einer psychischen Erkrankung, einer geistigen Behinderung oder einer Persönlichkeitsstörung eine Straftat begangen haben, werden von einem Gutachter dahin gehend untersucht, ob sie zum Tatzeitpunkt nicht oder nur vermindert schuldfähig waren. Wenn das der Fall ist, und wenn aufgrund der Erkrankung weitere erhebliche Straftaten zu erwarten sind, weist sie das Gericht in eine Klinik für forensische Psychiatrie ein. Hier wird seine Erkrankung ärztlich behandelt und eine sichere Unterbringung gewährleistet. Suchtkranke Menschen, die straffällig geworden sind und bei denen wegen ihrer Suchterkrankung erheblich Wiederholungstaten zu erwarten sind, werden in forensische Kliniken für Suchtkranke eingewiesen. Voraussetzung ist die nötige Erfolgsaussicht der Suchttherapie. In Hessen sind die Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie mit dem Maßregelvollzug beauftragt.
Entlassungsurlaub
Der Entlassungsurlaub ist eine Belastungserprobung zur Vorbereitung auf die Entlassung. Sie findet in der Regel in einer Nachsorgeeinrichtung am Ort des zukünftigen Wohnortes statt. Eine Entweichung ist ein Verstoß gegen diese Lockerung, sodass der Patient nach seiner Rückkehr für gewöhnlich zurück in die Klinik muss. Aber auch wenn er gegen andere Auflagen (Alkoholverbot, Melde- und Berichtspflichten) verstößt, kann diese Lockerung zurückgenommen werden.