Der Maßregelvollzug steht in den nächsten Jahren vor der großen Herausforderung, dass ausreichende bauliche Kapazitäten zur Verfügung stehen. „Deshalb weihen wir heute den Zweiten Bauabschnitt in Riedstadt ein, in Haina wird es einen Ersatzneubau geben und wir prüfen, wo gegebenenfalls weitere Kapazitäten geschaffen werden können,“ berichtet Stefan Sydow, Leiter der Abteilung Gesundheit im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration.
Langfristig betrachtet steigt die Belegungsentwicklung im Maßregelvollzug, unterliegt jedoch immer wieder Schwankungen. Beim Bau der Klinik in Riedstadt wurde bereits berücksichtigt, dass eine Erweiterung auf die ursprünglich geplante Größe reibungslos und im laufenden Betrieb möglich ist. „Mit dem Erweiterungsbau wird die zwingend notwendige Kapazitätsausweitung realisiert. Das ist ein wichtiger Schritt, um auch in Zukunft sowohl die Behandlungsqualität als auch die Sicherung zu gewährleisten“, sagt Konzerngeschäftsführer Reinhard Belling. Während der Planungsphase des Klinikstandortes vor über zehn Jahren waren die Ängste und Sorgen der Bevölkerung groß. Riedstadts Bürgermeister Marcus Kretschmann, Vorsitzender des Forensikbeirats, betont: „Transparenz und Öffentlichkeit sind für mich die beiden wichtigsten Schlüsselworte, die zu der mittlerweile großen Akzeptanz in der Bevölkerung geführt haben.“
Bauzeit war geprägt von der Corona-Pandemie
Bei Baubeginn des Erweiterungsbaus im Herbst 2019 waren die mit der Corona-Situation einhergehenden erheblichen Einschränkungen nicht absehbar. Diese haben teilweise sowohl zu personellen Engpässen als auch zu verspäteten oder ausfallenden Materiallieferungen geführt. Die Kosten des Bauprojekts belaufen sich auf rund 14,7 Millionen Euro und liegen damit etwas höher als geplant. Dies liegt unter anderem an den immens gestiegenen Kosten für Baumaterial fast aller Art sowie der derzeit sehr guten Auftragslage in der Baubranche. „In enger Abstimmung mit dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration konnten wir diesen zweiten Bauabschnitt der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Riedstadt dennoch in weniger als zwei Jahren Bauzeit realisieren,“ führte Ralf Schulz, Geschäftsführer von Vitos Riedstadt, aus.
Renovierung der Stationen im Bestandsgebäude
Diese Woche wurden die Stationen fertig möbliert, so dass die geplanten Umzüge kommende Woche starten können. „Nach gut 10 Jahren in Betrieb nutzen wir die Gelegenheit, um die Stationen im Bestandsgebäude zu renovieren. Das heißt, dass in den kommenden Monaten einige Umzüge anstehen und wir die zusätzliche Bettenkapazität der drei neuen Stationen erst sukzessive erweitern“, erklärt Walter Schmidbauer, Ärztlicher Direktor der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Riedstadt. Mitte September soll dann die erste Station mit 18 zusätzlichen Betten in Betrieb genommen werden. Insgesamt wird die Belegung somit schrittweise ausgebaut bis sie schlussendlich 156 Patientinnen und Patienten umfasst.
Tag der offenen Tür entfällt
Ein wesentlicher Beitrag für Transparenz und Offenheit wäre auch der fest eingeplante Tag der offenen Tür gewesen, der aufgrund der aktuell noch immer dominierenden Corona-Pandemie nun nicht stattfinden kann. „Gerne hätten wir den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gegeben, sich eine forensische Klinik von Innen anzuschauen“, bedauert Schulz die Absage. Und weiter: „Wann hat man schon mal die Gelegenheit, eine solche Einrichtung nicht nur im Fernsehen zu sehen, sondern sich sein ganz eigenes Bild zu machen.“
Die Teilnehmer der Eröffnungsveranstaltung, die unter dem Eindruck der Corona-Pandemie im kleinen Kreis stattfand, konnten sich im Anschluss an die Grußworte die neuen Stationen anschauen. Bei einer kleinen Führung über die drei Stationen erläuterten Schmidbauer und Wolfgang Gunold, Krankenpflegedirektor der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Riedstadt, das Behandlungskonzept und informierten die aufmerksamen Gäste über den Maßregelvollzug im Allgemeinen.
Hintergrund zur Vitos Riedstadt
Die Vitos Riedstadt gemeinnützige GmbH ist Trägerin des Vitos Klinikums Riedstadt, der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Riedstadt, der Vitos begleitenden psychiatrischen Dienste Riedstadt und der Vitos Schule für Gesundheitsberufe Riedstadt. Vitos Riedstadt beschäftigt etwa 1070 Mitarbeiter.
Das Vitos Klinikum Riedstadt mit den Fachkliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie für Erwachsenenpsychiatrie verfügt über 274 Betten und 75 tagesklinische Plätze. Die Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Riedstadt verfügt über 120 Plätze für psychisch kranke Rechtsbrecher. Die Begleitenden psychiatrischen Dienste Riedstadt bieten 113 Plätze und versorgen chronisch psychisch kranke Menschen mit Wohn-, Arbeits- und Freizeitangeboten.