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Pharmakologinnen in Klinikalltag des Maßregelvollzugs integriert

Datum:
Fachbereich:
Forensische Psychiatrie

Vitos zieht für bundesweites Pilotprojekt positive Bilanz

Dr. Gudrun Hefner im Patientengespräch© Vitos

Ausführlicher Bericht im Vitos Blog „Zukunftsweisende Behandlungsmethoden“

Es ist deutschlandweit bisher einzigartig, dass in Kliniken für forensische Psychiatrie Pharmakologinnen und Pharmakologen (Apotheker/-innen) in den Klinikalltag integriert sind. Das Hessische Ministerium für Soziales und Integration (HMSI) hatte dazu ein Pilotprojekt beauftragt. Seit April 2020 beschäftigt Vitos in seinen Kliniken für forensische Psychiatrie zwei Pharmakologinnen, die hessenweit für alle hessischen Maßregelvollzugskliniken tätig sind. Sie tragen dazu bei, die Arzneimittelsicherheit für die Patientinnen und Patienten zu erhöhen. Gleichzeitig unterstützen sie mit ihrem Wissen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte bei der medikamentösen Therapie. 

„Arzneimitteltherapiesicherheit ist eine der wichtigsten Qualitätsmerkmale einer guten psychiatrischen Versorgung“, auf diese einfache Formel bringt Vitos Konzerngeschäftsführer Reinhard Belling das Anliegen, das Vitos verfolgt und ergänzt: „Nach knapp zwei Jahren ziehen wir eine durchweg positive Bilanz. Mit der Etablierung von Pharmakologen in den Klinikalltag ist der hessische Maßregelvollzug zukunftsorientiert und hochqualifiziert aufgestellt”.

Die Arbeit der beiden Pharmakologinnen in der forensischen Psychiatrie unterscheidet sich von der Arbeit auf einer regulären psychiatrischen Station. Oft sind die Erkrankungen der Patientinnen und Patienten chronisch und nicht heilbar. Das primäre Behandlungsziel im Maßregelvollzug ist es, sie so zu therapieren, dass ein straffreies Leben zukünftig wahrscheinlich ist. Die Bevölkerung soll vor erneuten Straftaten geschützt und die Patienten dauerhaft stabilisiert werden. 

„Ohne eine medikamentöse Begleitung ist eine Linderung der Symptome und damit einhergehend auch die Senkung der Gewaltausbrüche jedoch häufig nicht zu bewältigen“, erläutert Walter Schmidbauer, Ärztlicher Direktor der Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie Eltville und Riedstadt. „Mit der Einbindung der Apothekerinnen in den Klinikalltag können wir die Therapie von schweren psychiatrischen Erkrankungen deutlich verbessern. Im optimalen Fall führt das sogar zu kürzeren Verweildauern“.

Mögliche Unverträglichkeiten und Wechselwirkungen schneller erkennen
Dr. Gudrun Hefner ist eine der beiden Pharmakologinnen und arbeitet seit Anfang 2017 bei Vitos. Seit April 2020 betreut sie als Apothekerin die Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie Riedstadt, Hadamar und Eltville. Als solche führt sie bei allen Patient/-innen eine gründliche Medikamenten- und Patientenanamnese durch, schätzt mögliche Wechselwirkungen zwischen den eingenommenen Medikamenten oder zwischen Medikamenten und Erkrankungen ein und berücksichtigt genetisch bedingte Unverträglichkeiten bezüglich bestimmter Wirkstoffe. Gleichzeitig berät sie auf dieser Grundlage sowohl die Patient/-innen als auch ihre ärztlichen Kolleg/-innen. 

„Eine der vielen Herausforderungen liegt darin, dass viele Patienten nicht mit einer einzigen Erkrankung zu uns kommen, sondern zusätzlich zu ihrer schweren Grunderkrankung noch verschiedene weitere Krankheitsbilder aufweisen. Das können körperliche Erkrankungen wie etwa Bluthochdruck, aber auch eine Alkohol- oder Drogenabhängigkeit sein“, erklärt die Pharmakologin Dr. Hefner.

Patientenmotivation entscheidend
Für den Therapieerfolg ist auch die persönliche Einstellung der Patient/-innen relevant. Bei manchem mangelt es an Krankheitseinsicht, was häufig mit einer Therapieverweigerung verbunden ist. „Wir können ein Therapieangebot machen. Umsetzen können wir es aber nur mit dem Einverständnis des Patienten“, stellt Dr. Hefner klar. Auch die gesetzliche Regelung ist hier eindeutig. Dass ein Patient/-in mit der Therapie einverstanden ist und mitmacht, ist also ein wesentlicher Faktor für deren Erfolg. Dabei unterstützen die Apothekerinnen die ärztlichen Kolleg/-innen. Denn die Patientenmotivation ist ein entscheidender Baustein dafür, dass deren Rückfallrisiko signifikant niedrig bleibt.

Dr. Hefner nimmt sich deshalb sehr viel Zeit für die Anamnese, prüft gründlich alle möglichen Einflussfaktoren, bespricht die medikamentöse Behandlung und überprüft sie regelmäßig. 

Leitliniengerechte Behandlung
Den im öffentlichen Diskurs mitunter geäußerten Vorwürfen, in den forensischen Kliniken würden Medikamente grundsätzlich zu hoch dosiert und Patienten nicht eingebunden, setzt Dr. Hefner entgegen, dass niemand daran ein Interesse habe. Denn für den Krankheitsverlauf und die Resozialisierung ist es elementar, dass die Patient/-innen mit der Arzneimitteleinnahme einverstanden sind. 

„Wir haben unseren Beruf ergriffen, um anderen zu helfen und nicht um zu schaden. Auch der gesetzliche Rahmen gibt nichts Anderes her. Es gibt Leitlinien, an die wir uns alle halten und eine enge Überwachung. Jeder Schritt und jede Abweichung von etwaigen Vorgaben bedarf einer intensiven Begründung, mehrfacher Überprüfung von internen und externen Gutachter/-innen, Kolleg/-innen und Behörden“, stellt sie klar. 

Das multiprofessionelle Team ist in der Risikoeinschätzung und -bewältigung gut ausgebildet. Eine Zwangsmedikation gibt es in Ausnahmen nur dann, wenn ein Patient für sich selbst oder für Mitarbeitende eine akute Gefahr ist. Dann steht der Schutz an erster Stelle und kann meist nur mithilfe von Medikamenten sichergestellt werden. Dies sind jedoch nur kurzfristige Maßnahmen, die schnellstmöglich wieder zurückgenommen werden. Sie bedürfen einer sehr guten Begründung und werden mehrfach und eingehend von mehreren Stellen geprüft.

Ausführlicher Bericht heute im Vitos Blog „Zukunftsweisende Behandlungsmethoden - Pharmakologinnen im Klinikalltag in der forensischen Psychiatrie“

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