Grothe sprach über „Trauma, Flucht und Neuanfang – zur seelischen Situation von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“. Der Kinder- und Jugendpsychiater, der seit mehr als 20 Jahren psychotherapeutisch und kinder- und jugendpsychiatrisch mit Flüchtlingen arbeitet, beleuchtete in seinem Vortrag die psychische Situation von insbesondere minderjährigen Flüchtlingen, im Hinblick auf folgende Themenkomplexe:
1. die Aktuelle Belastung/ juristische Situation, d.h. vornehmlich die aufenthaltsrechtliche,
2. das Erleben traumatischer, d.h. existenziell bedrohlicher, lebensbedrohlicher Situationen und evtl. daraus entstandene psychischen Störungen, z.B. posttraumatische Belastungsstörungen,
3. der Entwicklungsstand der/des Jugendlichen und die durch die Flucht entstanden Störungen der Entwicklung,
4. die Beziehung zur Herkunftsfamilie und der Auftrag bzw. der Grund, weshalb die/der Jugendliche von der Familie ins Ausland geschickt wurde,
5. der soziale und ethnische Status der/des Jugendlichen.
Anhand teils sehr drastischer Fallbeispiele verdeutlichte Grothe die Situation, in der sich viele minderjährige unbegleitete Flüchtlinge befinden. Gleichzeitig lieferte er Lösungsansätze aus der Praxis. Grothe schloss mit dem Satz: „Wir sind uns meist näher und weniger fremd als wir zunächst denken“.
Im Anschluss an den Hauptvortrag lud Dr. med. Annette Duve, Klinikdirektorin der gastgebenden Vitos Klinik Hofheim, zur Teilnahme an vier Arbeitsgruppen ein. Die erste Arbeitsgruppe vertiefte die Inhalte des Hauptvortages, die zweite Gruppe befasste sich behandlungspraktisch mit der Darstellung und Diskussion eines Falles am Beispiel einer gelungenen stationären Regelbehandlung. Der kultursensible Blick aus der Ich-Perspektive von KollegInnen mit Migrationshintergrund beschäftigte die dritte Arbeitsgruppe und Inhalt der vierten Gruppe war die Betrachtung und Analyse transgenerationaler, komplexer dysfunktionaler Familiensysteme mit familiärer Gewalt.
Die Pausen und der Ausklang beim anschließenden Imbiss gab Gelegenheit zum Kennenlernen, Diskutieren und Austauschen.
Das nächste Symposium ist für den 7. Juni 2017 zum Thema „Depressionen im Kindes- und Jugendalter“ geplant.