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Patientenerfahrungsbericht Matthias Wolf

„Ich habe ein Stück meiner Freiheit zurückgewonnen“

© Vitos Haina
Bei Vitos Behandlung Zuhause können therapeutische Gespräche in einer vertrauten Umgebung stattfinden.

Matthias Wolf* bekam vor einigen Jahren die Diagnose „Paranoide Schizophrenie“. Zusätzlich zu seiner seelischen Erkrankung hat der 27-Jährige auch ein körperliches Handicap. Unterstützung erfährt er durch das Team von Vitos Behandlung Zuhause Frankenberg. Denn statt in der Klinik wird er im Rahmen der sogenannten stationsäquivalenten Behandlung (StäB) in seinen eigenen vier Wänden behandelt. Wie er seinen Alltag bestreitet und inwieweit ihm die Therapie dabei hilft, schildert er im Erfahrungsbericht.

Meine Erkrankung hat sich Stück für Stück in mein Leben geschlichen. Ich fühlte mich verfolgt und beobachtet. Wenn ich in öffentlichen Verkehrsmitteln fuhr, meinte ich, immer dieselben Gesichter zu sehen. Dies verunsicherte mich sehr. Zu dieser Zeit studierte ich bereits im zweiten Semester Wirtschaftsrecht an der Universität Kassel. Davor hatte ich nie Berührungspunkte mit psychischen Erkrankungen, war emotional stabil. Allerdings litt ich an meinem früheren Arbeitsplatz als Elektroniker zeitweise unter Mobbing durch Kollegen, weshalb ich mich auch schließlich dazu entschied, noch einmal neu anzufangen und zu studieren. Von meiner Psychologin erfuhr ich später, dass neue, ungewohnte Situationen den Ausbruch einer psychischen Erkrankung begünstigen können und als Katalysator wirken.

Es ist ein riesiges Glück, dass ich noch lebe

Bedingt durch meine Verfolgungsängste verließ ich immer weniger meine Wohnung, kapselte mich auch von meinem Umfeld ab. Meine Familie merkte dies zunächst nicht. Schließlich kam der Tag, an dem ich davon überzeugt war, eine schlimme Verletzung am Arm zu haben. Ich ging ins Krankenhaus, um mich dort behandeln zu lassen – und durchlebte eine schwere Psychose. Mein Arm war völlig gesund, aber ich selbst war es nicht. Ich begann zu toben, griff das Pflegepersonal an und stürzte mich schließlich aus dem Fenster - zwei Stockwerke tief. Es ist ein riesiges Glück, dass ich noch lebe. Ich bin aber seit diesem Unfall inkomplett querschnittsgelähmt, zwei Wirbel waren gebrochen. Wochenlang saß ich im Rollstuhl und musste in der Reha das Laufen neu lernen. Körperlich eingeschränkt werde ich voraussichtlich mein ganzes Leben lang sein.

Ich denke, es ist doppelt schwer, gleichzeitig körperliche sowie seelische Wunden zu haben, mit deren Heilung man sich befassen muss. Schon während meiner Reha war ich bei einem Psychologen in Behandlung. Dieser überwies mich schließlich auch an die Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Haina, wo ich direkt im Anschluss vier Wochen stationär aufgenommen wurde. Da es mir körperlich noch ziemlich schlecht ging, fiel mir auch die dortige Therapie schwer. Aber ich hielt durch und konnte nach Monaten das erste Mal wieder nach Hause. Seitdem nehme ich regelmäßig verschiedene Medikamente und vertrage diese auch gut. Meine Schizophrenie steht dadurch nicht mehr im Vordergrund und bestimmt auch nicht mehr mein Leben, was mich sehr erleichtert. Jedoch habe ich über die Jahre verschiedene Zwänge entwickelt, die es mir teilweise sehr schwer gemacht haben, überhaupt das Haus zu verlassen.

Meine Erfahrungen mit Vitos Behandlung Zuhause

Das Angebot der Vitos Behandlung Zuhause war für mich in meiner Lebenssituation genau das Richtige und die Therapie hat mir immens geholfen. Im Februar 2021 hatte ich meine erste Therapiestunde in den eigenen vier Wänden. Für jemanden, der wie ich mit Ängsten und Zwängen lebt und gleichzeitig auch körperlich nicht fit ist, ist das eine große Erleichterung. Jeden Tag kam jemand vom StäB-Team** bei mir vorbei: Mit meiner Psychologin führte ich lange Gespräche, die auf Grund der Corona-Pandemie meist an der frischen Luft in Form eines Spaziergangs stattfanden. Einmal wöchentlich kam die Fachärztin zur Visite vorbei und an manchen Tagen war entweder eine Sozialarbeiterin bzw. ein Sozialarbeiter sowie eine Pflegefachkraft vor Ort, um mich im Alltag zu unterstützen. Mit deren Hilfe tastete ich mich langsam an viele Dinge heran, die ich schon jahrelang nicht mehr gemacht hatte. Dazu zählen zum Beispiel das Kochen am Herd oder das Autofahren. Ich habe während meiner Sitzungen außerdem viele Verhaltenstipps mit auf den Weg bekommen, um Strategien gegen meine Zwänge zu entwickeln. All das hat mir dabei geholfen, ein Stück meiner Freiheit zurückzugewinnen - ich besuche auch wieder häufiger Freunde und Familie. Meine Eltern und mein Bruder unterstützen mich ohnehin sehr. Ich habe mich stets auf die Besuche gefreut und gemerkt, dass diese auch meinen Alltag strukturieren. Mittlerweile bin ich kein Patient des StäB-Teams mehr, fahre aber noch einmal im Monat zur psychiatrischen Ambulanz zur Nachbehandlung.  

Momentan fahre ich alle zwei Wochen nach Haina zur Ergotherapie. Ich baue dort besonders gern Dinge aus Holz. Das ist ein toller Werkstoff und ich kann während dieses kreativen Prozesses entspannen und abschalten. Die Ergotherapie hilft mir dabei, mich länger auf eine Sache zu konzentrieren. Manchmal kommt meine Paranoia noch zum Vorschein – denn wie jeder andere Mensch habe ich gute und schlechte Tage. Dann fühle ich mich wieder beobachtet. Aber genauso gibt es auch Tage, an denen ich mich befreit fühle und gern etwas unternehme, und auf diese fokussiere ich mich.

*Der Name wurde aus Gründen der Vertraulichkeit geändert.

**Die stationsäquivalente Behandlung, kurz StäB, beschreibt das Therapieprogramm von Vitos Behandlung Zuhause. StäB bedeutet, dass Menschen mit einer akuten psychischen Erkrankung nicht in einer Klinik, sondern in ihren vier Wänden von einem berufsgruppenübergreifenden Team behandelt werden. An jedem Tag in der Woche findet ein direkter persönlicher Kontakt zwischen dem kranken Menschen und einem Mitglied des therapeutischen Teams statt. Die stationsäquivalente Behandlung hat die Vorteile, dass trotz der intensiven Betreuung und Unterstützung in der gewohnten Umgebung gelebt, dass weiter Zeit mit Freunden und der Familie verbracht werden kann und dass sich die Tagesstruktur nicht wesentlich ändert.

Angebot

Vitos Behandlung Zuhause Frankenberg

Um eine akute psychische Krise zu überwinden, ist ein Klinikaufenthalt in vielen Fällen sinnvoll. Doch es geht auch anders. Mit der stationsäquivalenten Behandlung (StäB) bietet Vitos Behandlung Zuhause Frankenberg ein spezielles Therapieprogramm im eigenen Zuhause an.

© Vitos Haina

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