Die Schwerpunktstation für Borderlinestörungen (Station 8) an der Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Gießen hat vom Dachverband Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) erneut eine Zertifizierung für ihr stationäres DBT-Programm erhalten. Das Programm ist in der Art, wie es hier umgesetzt wird, eine Besonderheit in der Region und in ganz Deutschland
Besonders gelobt wurde das Stationsteam vom DBT-Verband dafür, dass die Regeln, Haltungen und Interventionen der DBT im therapeutischen Alltag so umfassend und engagiert umgesetzt werden, sprich: für seine Manualtreue. Und das, obwohl auf dieser Station auch akute Borderline-Krisen behandelt werden.
Teamarbeit steht an erster Stelle
An der Arbeit für die Zertifizierung hatte das gesamte multiprofessionelle Stationsteam seinen Anteil. Dass Ärzt/-innen, Psycholog/-innen, Pflegekräfte und Therapeut/-innen anderer Fachrichtungen eng im Team arbeiten und die gleiche (DBT-)Sprache sprechen, ist eine wichtige Voraussetzung für den Behandlungserfolg.
Zum Hintergrund: Die DBT ist für Menschen mit einer Borderline-Störung eine hoch wirksame Form der Behandlung, die vor allem auf psychotherapeutischen Interventionen basiert. Das Ziel ist, sich selbst und die eigenen Gefühle besser kennenzulernen und kontrollieren zu können, denn genau damit haben Menschen mit einer Borderline-Störung in der Regel Schwierigkeiten.
Ein wichtiger Baustein der DBT ist die Achtsamkeit. Zudem werden in der Therapie Fertigkeiten (Skills) vermittelt, die helfen, Momente der inneren Hochspannung abzubauen, ohne sich selbst dabei zu schädigen. Weitere Therapieziele sind das Verbessern zwischenmenschlicher Fähigkeiten und eine Steigerung des Selbstwertgefühls.
Ein Behandlungspfad für jedes Krankheitsstadium
Die Besonderheit des DBT-Programms an der Vitos Klinik in Gießen sind drei Behandlungspfade. Dieses Konzept wurde unter Federführung des Ärztlichen Direktors Prof. Dr. Michael Franz, zunächst mit einem Team in Vitos Kurhessen, und dann mit Dr. Sara Franz (Stabsstelle Versorgungsentwicklung) und dem Team bei Vitos Gießen-Marburg entwickelt und praktisch umgesetzt.
Drei Behandlungspfade – das bedeutet, es gibt ein Angebot für Borderline-Patient/-innen in jeder Krankheitsphase: Erstens für Patient/-innen in akuten Krisen, die zunächst eine Stabilisierung benötigen. Zweitens für jene, die die akute Krise hinter sich haben und bereit sind, sich mit ihrer Erkrankung auseinanderzusetzen. Und drittens das evidenzbasierte zertifizierte DBT-Behandlungsprogramm für jene, die so weit gefestigt sind, dass sie an einer langfristigen Veränderung ihrer Haltung und Lebensweise arbeiten können. Damit erhalten sie die Chance, wieder einen normalen Alltag erleben zu können.
„DBT kann das Leben in vielen Bereichen positiv verändern“
„Wenn sich Patient/-innen auf ein DBT-Programm einlassen, kann das ihr Leben positiv verändern“, sagt Prof. Dr. Michael Franz. „Allerdings ist die Umstellung von Denk- und Lebensmustern harte Arbeit. Wer in einer akuten Krise steckt, hat dafür in der Regel keine Ressourcen. Der Vorteil an unserem dreistufigen Programm ist: Wir können auch Akutpatient/-innen helfen. Wir behandeln sie auf derselben Station wie Patient/-innen in anderen Pfaden mit einem DBT-geschulten Team. Dort sehen sie, wie sehr es sich lohnen kann, sich auf die Therapie einzulassen und durchzuhalten. Das motiviert immens.“
Info: Borderline und DBT
Die Dialektisch Behaviorale Therapie wurde von Marsha Linehan entwickelt, einer Psychologin, die selbst an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung litt. Sie gilt als gut wirksame Therapieform für diese Art der psychischen Störung. Mittlerweile gibt es auch Erweiterungen für andere Erkrankungen wie etwa Sucht, Depression oder ADHS.
Wer an einer Borderline-Störung erkrankt ist, kämpft mit extremen Gefühlsschwankungen, Selbstwertproblemen und zwischenmenschlichen Schwierigkeiten. In Momenten extremer Hochspannung kennen viele Betroffenen oft keine andere Regulation für ihre Gefühle als riskantes Verhalten oder Selbstverletzungen. Beziehungen sind oft krisenhaft und instabil.